Berlin – Für seine Verdienste im Bereich der Becken- und Hüftchirurgie ist Prof. Dr. med. Klaus-Arno Siebenrock, Ordinarius und Klinischer Direktor der Universitätsklinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie in Bern, gestern im Rahmen des DKOU 2016 mit der Pauwels-Medaille ausgezeichnet worden. In seinem Vortrag während der Pauwels-Gedächtnisvorlesung sprach Siebenrock über das moderne Verständnis früher Hüftgelenkspathologien und deren Behandlungsmöglichkeiten.
Sein Medizinstudium absolvierte Siebenrock an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und an der Northwestern University of Chicago in den USA. 1988 erwarb er seinen Doktortitel an der Universität Tübingen und 1997 den Facharzttitel (FMH) der Schweizerischen Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie. Seit 1994 arbeitet er am Inselspital Bern und wurde 2005 zum Ordinarius und Klinischen Direktor der dortigen Universitätsklinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie ernannt.
Ein Experte der gelenkerhaltenden Hüftchirurgie
Siebenrock gilt als einer der herausragenden Experten auf dem Gebiet der gelenkerhaltenden Hüftchirurgie. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen pathomorphologische Analysen im Hüft- und Beckenbereich sowie die Entwicklung von 3D-Modellen und Behandlungsalgorithmen bei komplexen Hüftpathologien wie der Dysplasie oder dem Impingement-Syndrom. Siebenrock erforschte die Entstehung und die Ursachen solcher Hüftveränderungen und trug damit wesentlich zum Verständnis der pathogenetischen Zusammenhänge von Hüftdeformitäten im Wachstumsalter und der Auswirkungen von Hüftdeformitäten und Torsionsfehlern im Erwachsenenalter bei.
Zudem entwickelte Siebenrock das erste experimentelle Schafmodell zur Erforschung der Pathophysiologie des femoro-azetabulären Impingements. Dieses Modell ermöglicht es, Knorpeldegenerationen wissenschaftlich zu beobachten und potenzielle therapeutische Effekte mittels moderner MRT-Techniken und begleitender histopathologischer Untersuchungen nachzuvollziehen.
Kongresspräsident würdigt den Preisträger
In seiner Einführung zur Pauwels-Gedächtnisvorlesung würdigte Kongresspräsident Prof. Dr. med. Heiko Reichel die Leistungen Siebenrocks und übergab die Pauwels-Medaille an den Preisträger. „Ich könnte mir in diesem Jahr keinen besseren Preisträger für diese Auszeichnung vorstellen“, sagte Reichel abschließend.
In seinem Festvortrag „Licht im Dunkel – modernes Verständnis der Hüftpathologien“ warf Siebenrock zunächst einen Blick in die Geschichte und beschrieb die Forschungen von Orthopäden wie dem Namensträger der Medaille, Dr. med. Friedrich Pauwels, und weiteren Wegbereitern, die wesentlich zum Verständnis der Biomechanik der Hüfte und der Hüftgelenkspathologien beigetragen haben. Anschließend ging er auf die heutigen Behandlungsmöglichkeiten solcher Hüftveränderungen ein und beschrieb seine derzeitigen Forschungen zur Weiterentwicklung gelenkerhaltender Eingriffe und zu deren Langzeitergebnissen.
„Diese Auszeichnung ist eine große Ehre und eine der höchsten Anerkennungen, die ich bisher für unsere Forschung erhalten habe. Sie wird von einer großen Fachgesellschaft verliehen, die sehr viel Wert auf Qualität und Innovation legt, und sie nimmt mit Friedrich Pauwels Bezug auf einen großen Forscher und Orthopäden. Das ehrt mich und mein Forschungsteam“, kommentierte Siebenrock. „Zugleich ist es ein großer Ansporn für unsere Forschung. Ich denke, dass sich gerade auf dem Gebiet der Grundlagenforschung der Hüfte noch sehr viel entwickeln wird in den nächsten Jahren. Neue bildgebende Technologien sowie tierexperimentelle Methoden, wie unser Schafmodell, geben uns sehr viel Rückenwind.“
Förderung der orthopädischen Forschung
Die Pauwels-Medaille wird Orthopäden und Unfallchirurgen in Würdigung ihrer Verdienste um die Förderung der orthopädischen Forschung verliehen. Die Pauwels-Gedächtnisvorlesung und die Verleihung der Medaille finden in Gedenken an die Verdienste von Dr. med. Friedrich Franz Karl Maria Pauwels statt. Der deutsche Arzt, Orthopäde und Biomechaniker lebte von 1885 bis 1980. Er untersuchte die biomechanischen Grundlagen des Skelettsystems und der Knochenheilung und trug mit seinen Forschungen wesentlich zur Entwicklung der funktionellen Orthopädie bei. 1927 gelang ihm erstmals die operative Heilung einer Schenkelhalspseudarthrose.