Berlin – Die Leiter des BVOU-Referats Rheuma, Prof. Wolfgang Rüther und Dr. Uwe Schwokowski, nehmen in einem Beitrag zum jüngsten Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Stellung.
Der Orthopädische Rheumatologe gehört nach dem überarbeiteten Beschluss des G-BA nicht mehr zwingend zum Kernteam der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) Rheuma. Diese neue Situation ist aus unserer Sicht nachvollziehbar, wenn „die Voraussetzungen zur Beteiligung des Fachgebiets Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie im ASV-Team“ nicht vorhanden sind. Hier spielt die Entfernung zum Leiter des ASV-Teams (Internistischer Rheumatologe) eine Rolle, aber auch die Behandlung von mindestens 240 erwachsenen Rheumapatienten pro Jahr. Sollte ein Orthopädischer Rheumatologe allerdings diese Voraussetzungen erfüllen, muss sich der Teamleiter „ernsthaft“ mindestens zwei Monate um seine Kooperation bemühen.
„Tragende Gründe“ für die Entscheidung des G-BA waren nach dessen Darstellung eine deutliche Abnahme der Orthopädischen Rheumatologen in den letzten Jahren. Häufige Spätkomplikationen, die eine operative Intervention und den Einbezug des Orthopädischen Rheumatologen nötig gemacht hätten, träten unter den neuen konservativen Therapieverfahren (gemeint ist hier wohl die Biologikatherapie) nur noch selten auf. Allenfalls ältere, schon länger erkrankte Patienten, sowie solche, die Biologika nicht vertrügen, würden von der Expertise der Orthopäden mit der Zusatzweiterbildung profitieren.
Gruppe der behandelnden Orthopäden ist größer
Diese Aussagen können nicht unkommentiert stehen gelassen werden. Es wäre sicher ratsam gewesen, wenn der G-BA auch die Meinung der orthopädischen Berufsverbände zu diesen Aussagen eingeholt hätte. Möglicherweise hat der G-BA nur die Zahlen der Orthopädischen Rheumatologen nach der neuesten Weiterbildungsordnung (WBO) vorliegen. Nach unserer Information sind insgesamt über 500 Orthopäden rheumatologisch tätig, allerdings zum Teil nach alter WBO mit dem Teilgebiet beziehungsweise Schwerpunkt Rheumatologie. Ein großer Teil dieser Kollegen ist konservativ tätig und behandelt in seiner täglichen Praxis Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen medikamentös, aber auch begleitend mit orthopädietechnischen Verfahren und insbesondere auch mit Verordnung von Physiotherapien. Er ist es auch, der bei Verdacht auf eine solche Erkrankung die Differentialdiagnostik zwischen entzündlich versus nicht entzündlich primär durchführt.
Medikamentöse Therapie verschleiert manche Befunde
In seiner Weiterbildung hat er insbesondere die operativen Verfahren erlernt und kann somit besonders die Indikation zur operativen Versorgung stellen. Die operativen Notwendigkeiten haben in der Biologika- Ära deutlich abgenommen. Unsere Erkenntnis ist aber anders als vom G-BA beschrieben. Diese medikamentöse Therapie verschleiert aufgrund bestimmter Scores (DAS 28 u.a.) und normwertiger Entzündungsparameter im Serum entzündlich-rheumatische Destruktionen an einzelnen Gelenken und Sehnen. Diese Probleme können durch die Kooperation mit Orthopädischen Rheumatologen erkannt werden. Eine Früh-Synovialektomie an Gelenken und Sehnen verhindert die fortlaufende Schädigung und Zerstörung. Eine orthopädisch-rheumatologische Ganzkörperuntersuchung, einmal jährlich, unter Einbezug auch solcher Gelenke, die seltener betroffen sind und deshalb übersehen werden können (Hüfte, Schulter, Ellenbogen) und insbesondere auch der häufig befallenen Sehnen, zum Beispiel am Sprunggelenk und Fuß, kann die Versorgung der Patienten deutlich verbessern.
Physiotherapie und Ergotherapie nicht vernachlässigen
Auch gehört die orthopädietechnische Versorgung mit Einlagen, orthopädischem Schuhwerk, Bandagen und Schienen zur regelmäßigen Betreuung des Rheumapatienten. Auch hierbei kann der Orthopädische Rheumatologe sein Wissen und seine Erfahrung zum Wohle des Patienten einbringen. Physiotherapeutische Therapien und die Ergotherapie sind weiterhin eine notwendige Therapieform, die leider unter den Erfolgen der Biologika Behandlung vernachlässigt wird.
Abschließend möchten wir für uns dringlich die Kooperation des Orthopädischen Rheumatologen in dem ASV Kernteam stark machen, da die Versorgung aus einem anderen Blickwinkel für die Rheumapatienten von erheblichem Vorteil sein kann.