Im Interview mit Dr. med. Hein Schnell berichtet der Experte über die faszinierende Welt der manuellen Medizin. Die sanfte Methode der Behandlung von Funktionsstörungen des Bewegungsapparates ermöglicht es, Rückenschmerzen, Gelenkprobleme und Verspannungen effektiv zu lindern. Doch wie lassen sich Kompetenzen auf dem Gebiet am besten vermitteln? Der Kursleiter des ADO-Workshops Manuelle Medizin am 25.10.23 in Berlin kennt darauf eine Antwort.
Welche manuellen Kompetenzen lehren Sie im DKOU Workshop, die nicht schon im Studium und der Weiterbildung vermittelt werden?
Dr. Hein Schnell: Gut, dass Sie das ansprechen. Manuelle Kompetenzen gehen leider in den letzten Jahren zusehends verloren und werden immer weniger vermittelt. Wichtig ist uns, dass die Teilnehmenden sensibilisiert werden für ihr eigenes Tastvermögen, viele sind sich dessen nämlich gar nicht bewusst. Die Teilnehmenden werden erstaunt sein, was man alles tasten kann.
Welche praktischen Übungen werden in dem DKOU-Workshop durchgeführt, um das palpatorische Empfinden zu schulen und anatomische Strukturen zu tasten?
Dr. Schnell: Wir werden sowohl an speziellen Haptik-Kits den Tastsinn schulen, als auch gegenseitig knöcherne und myofasziale Strukturen palpieren. Wichtig wird hierbei die anatomische Orientierung sowie auch das Detektieren feiner Nuancen in der Gewebetextur, die wir anfangen werden wahrzunehmen.
Wie unterstützt der Workshop das Verständnis des Tastens und der manuellen Diagnostik? Können Sie ein Beispiel für eine typische manualmedizinische Befundung nennen, die in diesem Workshop erlernt wird?
Dr. Schnell: Wir werden einen grundlegenden Algorithmus kennenlernen und verstehen, was eine segmentale Dysfunktion (vulgo: Blockierung) eigentlich ist. Und, die Teilnehmenden werden nach dem Workshop in der Lage sein, im Bereich der HWS-Nackenregion typische myofasziale Befundkonstallationen zu erkennen und zu behandeln.
Wie wird vermittelt, welche therapeutischen Wirkungen durch die manuelle Medizin erzielt werden können?
Dr. Schnell: Hierzu wird es einen interaktiven Vortrag geben, bei dem gemeinsam eine Schema-Skizze erarbeitet wird, aus der die neurophysiologischen Zusammenhänge klar werden. Auf diese Skizze werden wir in den praktischen Teilen dann immer wieder zurückkommen.
Gibt es spezifische Indikationen, die zur Durchführung manualmedizinischer Interventionen führen?
Dr. Schnell: Die Indikation zur manualmedizinischen Intervention ergibt sich immer aus dem Vorliegen einer Funktionsstörung. Diese kann mit und ohne, bzw. wegen einer Strukturpathologie auftreten.
Können Sie dafür ein Beispiel geben?
Dr. Schnell: Ja, ein Kniegelenk kann ohne jegliche Strukturpatholgie schmerzen und dysfunktional werden. Ein Arthroseknie entwickelt in der Regel ebenfalls Funktionsstörungen. In beiden Fällen hilft häufig die manuelle Therapie, auch wenn im Falle der Arthrose natürlich keine kausale Therapie stattfindet. Gleichwohl können Betroffene mit manueller Hilfe oft lange, teilweise über Jahre, einen operativen Eingriff hinauszögern, und das vollkommen risikofrei.
Herr Dr. Schnell, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Janosch Kuno, Pressearbeit