Hamburg – Niedergelassen in der eigenen Praxis oder als Chefarzt im Krankenhaus tätig – diese Karrierewege streben immer weniger junge Ärzte in Deutschland an. Immer beliebter wird dagegen die Tätigkeit in Anstellung und die Teilzeitarbeit. Die Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte möchte dafür im Krankenhaus bleiben. Anders ist es bei den Orthopäden und Unfallchirurgen: Hier will mehr als die Hälfte nach abgeschlossener Weiterbildung in die ambulante Versorgung wechseln.
Das zeigen die jüngsten Ergebnisse der KarMed-Studie, die vor Kurzem in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift“ veröffentlicht wurden. Die Längsschnittstudie untersucht die Karriereverläufe junger Ärztinnen und Ärzte in der fachärztlichen Weiterbildung vom Berufseinstieg bis zur Facharztanerkennung. Etwa 1000 Absolventen des Medizinstudiums aus sieben medizinischen Fakultäten haben Wissenschaftler des Instituts für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf dafür jährlich befragt. Mittlerweile befinden sich die Umfrage-Teilnehmer im vierten Jahr ihrer Weiterbildung.
Mehrheit in O und U will in den ambulanten Sektor
Ein Großteil der Befragten lebt zu diesem Zeitpunkt in fester Partnerschaft, etwa ein Drittel hat bereits Kinder. Ähnlich, wie schon zu Beginn der Befragungen – die Teilnehmenden befanden sich damals am Ende ihres Studiums im Praktischen Jahr – bevorzugt mehr als die Hälfte der jungen Ärztinnen und Ärzte auch kurz vor Abschluss ihrer Weiterbildung die Tätigkeit im Krankenhaus (51 Prozent). Insgesamt 44 Prozent der Befragten geben an, künftig in der ambulanten Versorgung tätig sein zu wollen. Weitere 5 Prozent verfolgen andere Berufsziele, beispielsweise in der Forschung.
Bei den angehenden Orthopäden und Unfallchirurgen sehen dagegen mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) ihre Zukunft in der vertragsärztlichen Versorgung. Lediglich bei den Kinder- und Jugendmedizinern sowie bei den Internisten ist der Anteil hier noch etwas größer.
Trend zu Teilzeit und Anstellung
Gerade beim weiblichen Medizinernachwuchs wächst dabei das Interesse an einer angestellten Tätigkeit und an Teilzeitarbeit. Mehr als die Hälfte der jungen Ärztinnen, die eine Tätigkeit im ambulanten Sektor anstreben, möchten dies als Angestellte, zum Beispiel in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) tun. Unter den männlichen Befragten möchten immerhin etwa 20 Prozent als Angestellte in der vertragsärztlichen Versorgung arbeiten. Dieser Wunsch geht laut den Wissenschaftlern bei beiden Geschlechtern zugleich mit einer zunehmenden Präferenz für eine Teilzeittätigkeit einher.
Die Ärztinnen und Ärzte, die sich für einen Karriereweg im Krankenhaus entscheiden wollen, streben dabei immer seltener einen Chefarztposten an (nur etwa fünf Prozent). Der Anteil derjenigen, die „nur“ als Facharzt ohne Leitungsaufgaben im Krankenhaus tätig sein wollen, ist dabei bei den Ärztinnen dreimal größer als bei ihren männlichen Kollegen. Diese streben am häufigsten eine Position als Oberarzt an (74 Prozent).
Adäquate Vertrags- und Tätigkeitsformen entwickeln
All diese Tendenzen weisen laut den Autoren der Studie auf eine Abkehr von traditionellen Leitbildern in der Medizin hin – dem Chefarzt einerseits und dem freiberuflichen Vertragsarzt andererseits. Während die Attraktivität leitender Positionen für junge Ärztinnen und Ärzte immer mehr abnehme, werde ein Angestelltenverhältnis, gerade auch im ambulanten Sektor, für viele immer interessanter. Dieser Entwicklung und dem Trend zur Teilzeittätigkeit müsse mit neuen Vertrags- und Tätigkeitsformen – über das Modell des MVZ hinaus – begegnet werden, um Sicherstellungsprobleme zu vermeiden, so die Forscher.