Berlin – Mehr als 30.000 Menschen erleiden jedes Jahr eine schwere Verletzung. Um die Überlebenschancen von Traumapatienten weiter zu verbessern, hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) gemeinsam mit 20 weiteren Fachgesellschaften die S3-Leitlinie Polytrauma überarbeitet und neu herausgegeben. Die Leitlinie fasse die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Versorgung Schwerverletzter in kompakter, systematischer Form zusammen, so Prof. Dr. med. Bertil Bouillon, Vorstandsmitglied der DGU, bei der heutigen DKOU-Pressekonferenz.
„Bei der Behandlung Schwerverletzter ist Schnelligkeit gefragt – oft zählt jede Minute. Umso wichtiger ist es, dass Unfallchirurgen in solchen Situationen Prioritäten setzen“, sagte der Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie in Köln-Merheim. „Mit der neuen S3-Leitlinie Polytrauma geben wir ihnen Empfehlungen an die Hand, wie die Behandlung in der akuten Situation systematisch ablaufen kann.“
Dafür ist die Leitlinie in drei Bereiche gegliedert, die unterschiedliche Behandlungsabschnitte in den Blick nehmen. Insgesamt 308 Kernempfehlungen mit konkreten Hinweisen zur Behandlung Schwerverletzter haben die Leitlinienautoren zusammengetragen und entsprechend der Bereiche Unfallort, Schockraum und Operationssaal differenziert. Dabei sind die neuesten Erkenntnisse aus der Polytrauma-Forschung und die interdisziplinäre Expertise von über 200 Autoren eingeflossen.
Neue Empfehlungen für einzelne Bereiche
Bereits am Unfallort soll so zum Beispiel besser entschieden werden können, welcher Patient in welcher Klinik am besten versorgt werden kann. Neue Empfehlungen, unter anderem zur Behandlung von Gerinnungsstörungen oder zum Einsatz der Computertomographie in der Schockraum-Diagnostik, sollen die Versorgung in der Notaufnahme und im OP weiter verbessern. Zudem informiert die Leitlinie auch über mögliche konservative intensivmedizinische Therapien, die unnötige Operationen vermeiden helfen und das Risiko für den Patienten minimieren können, so Bouillon.
DGU entwickelt App zur Leitlinie
Dies gebe allen Beteiligten – Rettungs- und Notfallmedizinern, aber auch Pflegekräften – einen klaren Leitfaden für das Vorgehen im Notfall. Damit dieses Wissen in einem solchen Fall auch schnell abrufbar ist, arbeitet die DGU derzeit an einer Smartphone-App, welche die zentralen Inhalte der Leitlinie enthält und mit der gezielt nach einzelnen Empfehlungen gesucht werden kann. Die App soll innerhalb der nächsten vier bis fünf Monate verfügbar sein.
Die neue S3-Leitlinie Polytrauma wurde in den letzten zweieinhalb Jahren erarbeitet und löst die erste Polytrauma-Leitlinie aus dem Jahr 2011 ab. Die vollständige Publikation ist auf der Website der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften abrufbar.