Berlin – Ein „Schulterschluss der Ärzteschaft“ hat zu einem gemeinsamen Konzept der Notfallversorgung geführt. Ein integrativer Ansatz sei dafür gefunden worden, heißt es in einer Pressemitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Krankenhaus-Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB).
Sollen wir uns nun über die Initiative freuen oder uns empören, fragt sich der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD) in einer Pressemitteilung: Wesentlicher Teil des Konzepts sollen zentrale Anlaufstellen für Akut- und Notfallpatienten an Krankenhäusern sein, in denen auch Klinikärzte tätig sind, und für die Anforderungen an Struktur und Arbeitsweise definiert und Gütekriterien benannt werden.
„Integrativ scheint nach KBV und MB das Gleiche zu sein, wie ‚Team‘, will sagen: Toll, ein andrer machts. Die KVen bestimmen mit den Krankenkassen über die Vergütung, und die Krankenhäuser machen die Arbeit. Das kann keine Lösung sein“, so VKD-Präsident Dr. Josef Düllings.
Auch gehe es nicht darum, dass sich Ärztegruppen einigen. Hier seien die Krankenhäuser als Institution und Anker der Versorgung gefragt, wenn das KV-System der ambulanten Notfallversorgung immer weniger funktioniere. Genau dies würde von den Patienten auch so wahrgenommen, die sich dann unmittelbar an die Krankenhäuser wenden. Die ambulante Notfallversorgung gehöre ohne Wenn und Aber in die Verantwortung der Krankenhäuser. Damit würde endlich den Patienteninteressen Genüge getan, statt immer wieder Standesinteressen in den Vordergrund zu stellen.
„Vorschläge und Ideen sind grundsätzlich zu prüfen und nicht von vornherein abzulehnen. Doch für Strukturen und Arbeitsweisen in den Notaufnahmen sind nicht die Kassenärzte und ist auch keine Gewerkschaft zuständig. Daher erstaunt doch die Euphorie über den Schulterschluss, der ohne die Organisation des Krankenhauses nicht umsetzbar ist. Es sind nicht nur die Ärzte, die in Notaufnahmen tätig sind. Sie alle arbeiten nicht im luftleeren Raum, sondern nutzen die hochwertige Technik, die Ausstattung der Kliniken und arbeiten insbesondere mit anderen Berufsgruppen zusammen“, so Dr. Düllings.
Auch der VKD sieht es als dringend an, die Probleme der Notfallversorgung zu lösen – ambulant wie stationär. Hier sektorenübergreifend zu kooperieren und dabei auch eine Rund-Um-Die-Uhr-Information der Patienten zu sichern, damit sie in die für sie jeweils richtige Anlaufstelle gelenkt werden, sei grundsätzlich der richtige Weg. Die definitiv vorhandenen Defizite der Kassenärzte im Bereich der ambulanten Notfallversorgung können aber nicht auf Kosten der Krankenhäuser gelöst werden. Wohin werden wohl die Patienten gelenkt, wenn niedergelassene Ärzte Bereitschaftsdienste oft nicht mehr leisten wollen? Hier wäre es durchaus wichtig, erst einmal Fakten zu sammeln und zu ermitteln, wie viele Kassenärzte sich überhaupt noch an Bereitschaftsdiensten beteiligen. In manchen Regionen sind es anscheinend nicht einmal 30 Prozent. Also doch wieder ins Krankenhaus?
Mehrfach hat der VKD deutlich gemacht, dass grundsätzlich diejenigen, von denen die Leistungen erbracht werden, dafür auch die entsprechende Vergütung erhalten und darüber zudem mitbestimmen müssen. Das ist bis heute nicht der Fall. Gleichzeitig fordert der VKD angesichts der Lücken im ambulanten Versorgungsnetz, dass der Sicherstellungsauftrag für die ambulante Notfallversorgung den Krankenhäusern übertragen werden muss – denjenigen, die ihn auch tatsächlich sicher erfüllen.
Wenn KBV und Marburger Bund einen gesetzlichen Rahmen für die Notfallversorgung in Deutschland fordern, sei darauf hinzuweisen, dass hier auch die Krankenhausplanung der Länder tangiert wird.
Ein Schulterschluss müsse alle einbeziehen, die hier personelle, finanzielle und strukturelle Leistungen beisteuern. Es sind mehr als nur zwei Schultern.
Quelle: VKD