Einleitung
Knorpelschäden sind ein häufiges Problem, das zu Schmerzen, eingeschränkter Mobilität und verminderter Lebensqualität führen kann. Die Suche nach wirksamen Behandlungsmethoden hat zu verschiedenen Ansätzen geführt, darunter die Minced Cartilage-Technik. Diese innovative Methode bietet vielversprechende Ergebnisse bei der Regeneration von geschädigtem Knorpelgewebe und stellt eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Behandlungsmethoden dar.
Die Minced Cartilage-Technik ist ein Verfahren, das darauf abzielt, geschädigten Knorpel durch die Transplantation von zerkleinertem Knorpelgewebe zu regenerieren. Im Gegensatz zu der herkömmlichen autologen Knorpeltransplantation (ACT) handelt es sich um ein einzeitiges Verfahren, bei dem die zerkleinerten Knorpelfragmente aufbereitet und direkt in den Defekt transplantiert werden.
Die Minced Cartilage-Technik beginnt mit der Entnahme von gesundem Knorpelgewebe aus einer nicht belasteten Stelle im Körper des Patienten, beispielsweise der Notch im Kniegelenk, oder aus dem Randbereich des Knorpeldefekts. Dieses Gewebe wird dann in kleinste Partikel zerkleinert, was zu einer Vergrößerung der Oberfläche führt. Dies wirkt sich positiv auf das Auswandern der Zellen aus den Partikeln aus und stimuliert zudem die Matrixproduktion. Das so gewonnene Knorpelgewebe wird anschließend mit autologem konditionierten Plasma (ACP / PRP), das vor der Operation aus dem Patientenblut gewonnen wird, vermischt und diese pastöse Mischung wird dann auf den geschädigten Bereich aufgetragen.
Durch die zusätzliche Verwendung von ACP/PRP ergeben sich mehrere Vorteile bei dieser Art der Knorpeltransplantation. Erstens enthält PRP verschiedene Wachstumsfaktoren, die das Wachstum und die Differenzierung von Knorpelzellen fördern und so die Regeneration des geschädigten Knorpelgewebes unterstützen. Die Wachstumsfaktoren stimulieren die Zellen im zerkleinerten Knorpelgewebe, um sich zu vermehren und neues Knorpelgewebe zu bilden. Zweitens besitzt ACP entzündungshemmende Eigenschaften. Knorpelschäden gehen oft mit Entzündungen und einem hemmenden Gelenksmilieu einher, das den Heilungsprozess beeinträchtigen kann. Die Anwendung von ACP neutralisiert Entzündungsmediatoren und wirkt sich positiv auf das Gelenksmilieu und das umliegende Gewebe aus. Dies führt zu einer günstigeren Umgebung für die Regeneration des Knorpelgewebes und fördert eine schnellere Heilung. Darüber hinaus kann ACP auch als biologischer Klebstoff dienen. Im ACP befindet sich Fibrinogen. Durch Aktivierung mittels Thrombin entsteht Fibrin, ein komplett autologer Klebstoff. In der AutoCart-Technik wird daher aus einem Teil des ACPs in einem speziellen System (Thrombinator) autologes Serum hergestellt, das Thrombin enthält. Durch das Auftragen des Thrombins auf den gefüllten Knorpeldefekt wird das Fibrinogen im ACP zu Fibrin umgewandelt und es entsteht eine visköse Konsistenz, die das zerkleinerte Knorpelgewebe an Ort und Stelle halten kann und so die Adhäsion und Integration des transplantierten Gewebes in dem geschädigten Bereich verbessert.
Die AutoCart-Technik bietet somit durch die Kombination der Minced Cartilage Methode und der Anwendung von PRP eine synergetische Wirkung, die das Wachstum und die Differenzierung von Knorpelzellen fördert und Entzündungen reduziert. Die AutoCart-Technik kann zudem auch bei großen Knorpelschäden angewendet werden, da das zerkleinerte Gewebe eine ausreichende Menge an Knorpelzellen enthält, die aus dem Knorpeldefekt oder von anderen Stellen im Gelenk gewonnen werden können. Die Indikationen sind somit vielfältig, was in diesem Artikel näher dargestellt werden soll.
Die AutoCart-Technik bei kleinen und mittelgroßen Knorpeldefekten
Kleine und mittelgroße Knorpeldefekte sind Schäden bis zu einer Größe von 5cm2. Schäden von diesem Ausmaß können oft arthroskopisch angegangen werden. Die Sammlung von gesundem Knorpelgewebe zur Zerkleinerung erfolgt meist im Randbereich des Knorpeldefektes. Die zerkleinerten Knorpelstücke können dann über eine Kanüle in den Defekt eingebracht und mittels ACP und Thrombinserum versiegelt werden (Abbildung 1).
Die Ergebnisse bei dieser Schadensgröße sind gut und wurden auch bereits in Studien dargelegt. Auch nach der Erfahrung des Autors ist mit einer schnellen Beschwerdebesserung zu rechnen und schon im MRT nach 1 Jahr postoperativ kann im ehemaligen Defekt regeneriertes Knorpelgewebe nachgewiesen werden, das dem Signal des umgebenden Knorpelgewebes ähnelt (Abbildung 2).
Abb.1: Arthroskopische AutoCart-Prozedur: Erst werden gesunde Knorpelzellen aus dem Randbereich entnommen (A). Der Schaden wird im danach auf eine stabile Randleiste debridiert (B). Zuletzt wird das Minced Cartilage Transplantat in Defekt eingebracht und mittels autologem Fibrin versiegelt (C und D).
Abb.2: Die präoperativen MRT Bilder zeigen einen Knorpelschaden an der lateralen Trochlea (oben). Im 1-Jahres-Follow-up MRT ist der Schaden suffizient gefüllt (unten).
AutoCart bei großen Knorpeldefekten
Auch bei großen Knorpeldefekten (>5cm2) kann die Autocart-Technik angewendet werden. Problem ist hierbei manchmal die eingeschränkte Primärstabilität des Transplantates und die Menge an gesundem Knorpelgewebe, das zur Transplantation benötigt wird. Beide Probleme können gelöst werden. Steht nicht ausreichend Knorpelgewebe aus dem Randbereich des Knorpeldefektes zur Verfügung, kann weiteres Gewebe aus der Notch gewonnen werden. Die eingeschränkte Primärstabilität kann verbessert werden, indem z.B. eine zellfreie Membran über den Defekt gelegt wird (z.B. Chondrogide, Fa. Geistlich). In der Technik des Autors wird zur Fixation des Transplantates ein Synovialappen aus dem Gelenk gewonnen und auf das Transplantat genäht (Abbildung 3). Vorteil ist hier der rein autologe Ansatz und die hohe Differenzierungspotenz der Synovia. Diese Technik muss jedoch offen durchführt werden und macht somit eine Arthrotomie notwendig. Exemplarisch zeigt sich in der 2-Jahres MRT-Kontrolle ein überzeugendes Ergebnis (Abbildung 4).
Abb.3: Der Knorpelschaden ist nach Debridement > 5cm2 (A). Das Minced Cartilage Transplantat wird in den Defekt eingebracht während der Synovialappen bereits teilfixiert ist (B). Zuletzt wird der Synovialappen komplett über das Transplantat genäht (C).
Abb.4: Die präoperativen MRT Bilder zeigen einen Knorpelschaden am medialen Femurkondylus bei einliegender VKB-Plastik (oben). Im 1-Jahres-Follow-up MRT ist der Schaden suffizient gefüllt (unten).
Minced Cartilage bei osteochondralen Läsionen (OCL)
Im Falle einer osteochondralen Läsion kann die AutoCart-Technik mit einer autologen Spongiosaplastik kombiniert werden. Dabei wird in der Technik des Autors autologe Spongiosa aus dem distalen Femur am Kniegelenk über ein Knochenfenster entnommen. Die Entnahmestelle kann über die Arthrotomie erreicht werden. Eine weitere Inzision ist somit nicht notwendig und keine weitere Narbe muss in Kauf genommen werden. Vorgeschaltet wird Knorpelgewebe wie in der o.g. AutoCart-Technik gewonnen, zerkleinert und angereichert. Nach Debridement des Knochenschadens und Auffüllung mittels Spongiosa, wird dann das Knorpeltransplantat aufgelegt. Je nach Größe des Defektes kann auch hier noch zusätzlich ein Synovialappen aufgenäht werden.
Eine suffiziente Einheilung konnte auch hier im MRT nachgewiesen werden.
Abb. 5: Osteochondrale Läsion retropatellar (A). Intraoperativ wird der knöcherne Defekt mittels autologer Spongiosa gefüllt, bevor das Minced Cartilage Transplantat aufgelegt wird (B). Das 1-Jahres MRT Ergebnis zeigt eine gute knöcherne und chondrale Einheilung (C).
Zusammenfassung und Fazit
Die AutoCart-Knorpeltransplantation bietet eine sichere Methode zur Knorpelregeneration, die viele Vorteile bereithält und innovative Techniken kombiniert. Das rein autologe Verfahren kann einzeitig durchgeführt werden und kombiniert den Einsatz von innovativen biologischen Stoffen wie ACP bzw. Thrombinserum und verzichtet auf Fremdmaterialien. Durch die Zerkleinerung von Knorpelgewebe wird die Migration von Knorpelzellen ermöglicht und die Oberfläche des Transplantates kann vergrößert werden. Sowohl bei kleinen als auch bei großen Knorpeldefekten mit und ohne Knochenbeteiligung kann das Verfahren sicher angewandt werden. Weitere Studien sind jedoch notwendig, um diese Behandlungserfolge zu validieren.
PD Dr. med. Fabian Blanke
Schön-Klinik München-Harlaching
Abteilung für Knie-, Hüft-, Schulter- und Ellenbogenchirurgie
Zentrum für Kniechirurgie
Harlachinger Str. 51
81547 München
Email: fblanke@schoen-klinik.de
Referenzen:
- Albrecht FH (1983) [Closure of joint cartilage defects using cartilage fragments and fibrin glue]. Fortschr Med 101:1650–1652
- Basad E, Ishaque B, Bachmann G, Stürz H, Steinmeyer J (2010) Matrix-induced autologous chondrocyte implantation versus microfracture in the treatment of cartilage defects of the knee: a 2-year randomised study. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 18:519–527
- Bekkers JEJ, Saris DBF, Tsuchida AI, van Rijen MHP, Dhert WJA, Creemers LB (2013) Chondrogenic Potential of Articular Chondrocytes Depends on Their Original Location. Tissue Eng Part A 131114064953008
- Bode G, von Heyden J, Pestka J, Schmal H, Salzmann G, Südkamp N, Niemeyer P (2015) Prospective 5-year survival rate data following open-wedge valgus high tibial osteotomy. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 23:1949–1955
- Brittberg M (2018) Clinical articular cartilage repair—an up to date review. Ann Jt 3:94–94
- Christensen BB, Olesen ML, Hede KTC, Bergholt NL, Foldager CB, Lind M. Particulated Cartilage for Chondral and Osteochondral Repair: A Review. Cartilage. 2021 Dec;13:1047-1057
- Darling EM, Athanasiou KA (2005) Rapid phenotypic changes in passaged articular chondrocyte subpopulations. J Orthop Res 23:425–432
- Irwin RM, Bonassar LJ, Cohen I, Matuska AM, Commins J, Cole B, Fortier LA (2019) The clot thickens: Autologous and allogeneic fibrin sealants are mechanically equivalent in an ex vivo model of cartilage repair. Nukavarapu S (ed) PLOS ONE 14:e0224756
- Leitner L, Gruber G, Lohberger B, Kaltenegger H, Leithner A, Sadoghi P (2019) Klinische Anwendung von Platelet-rich plasma und Wachstumsfaktoren am Bewegungsapparat. Orthop 48:105–116
- Massen FK, Inauen CR, Harder LP, Runer A, Preiss S, Salzmann GM (2019) One-Step Autologous Minced Cartilage Procedure for the Treatment of Knee Joint Chondral and Osteochondral Lesions: A Series of 27 Patients With 2-Year Follow-up. Orthop J Sports Med 7:232596711985377
- Ossendorff R, Walter SG, Schildberg FA, Spang J, Obudzinski S, Preiss S, Schneider S, Salzmann GM. Biologic principles of minced cartilage implantation: a narrative review. Arch Orthop Trauma Surg. 2023 Jun;143(6):3259-3269
- Redman SN, Dowthwaite GP, Thomson BM, Archer CW (2004) The cellular responses of articular cartilage to sharp and blunt trauma11Financial support: Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC) and Smith & Nephew Plc. Osteoarthritis Cartilage 12:106–116
- Salzmann GM, Calek A-K, Preiss S (2017) Second-Generation Autologous Minced Cartilage Repair Technique. Arthrosc Tech 6:e127–e131
- Salzmann GM, Ossendorff R, Gilat R, Cole BJ. Autologous Minced Cartilage Implantation for Treatment of Chondral and Osteochondral Lesions in the Knee Joint: An Overview. Cartilage. 2021 Dec;13:1124-1136
- Schneider S, Ossendorff R, Holz J, Salzmann GM (2021) Arthroscopic Minced Cartilage Implantation (MCI): A Technical Note. Arthrosc Tech 10:e97–e101
- Sproul EP, Hannan RT, Brown AC (2018) Controlling Fibrin Network Morphology, Polymerization, and Degradation Dynamics in Fibrin Gels for Promoting Tissue Repair. In Chawla K (ed) Biomater Tissue Eng Springer New York, New York, NY, pp 85–99