Berlin – Die Qualität der operativen Versorgung von Knochenbrüchen mit Implantaten soll zukünftig messbar sein, sagt DGU-Präsident Prof. Dr. Joachim Windolf. Dazu gründet die DGU nun gemeinsam mit Implantate-Herstellern ein Osteosynthese-Register, in dem die Art von Frakturen sowie von Implantaten erfasst werden. Ziel ist es, nicht-optimale Behandlungsverfahren und Komplikationen aufzuzeigen. Erste Auswertungen sollen in 2 Jahren möglich sein.
Steigerung der Versorgungsqualität und Verbesserung der Patientensicherheit wird von Politik, Ärzteschaft, Industrie und Kostenträgern gemeinsam gefordert. Diese Ziele basieren auf gesundheitspolitischer Verpflichtung und ärztlichem Ethos, aber auch auf dem Wunsch, Kosten zu reduzieren. Häufig sind diese Forderungen aber ohne Substanz, da man eine Qualitätssteigerung oder eine Verbesserung der Patientensicherheit nicht wirklich fassen kann. Glauben und Hoffen hilft hier nicht – Qualität muss messbar sein! Gut strukturierte Daten, wie sie in medizinischen Registern erfasst werden, weisen den richtigen Weg.
Medizinische Fachgesellschaften, wie die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) oder die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC), haben dies schon längere Zeit erkannt. Seit 25 Jahren gibt es das mittlerweile weltgrößte Traumaregister DGU mit Daten von mehr als 300.000 schwerstverletzten Patienten. 650 Kliniken arbeiten im Benchmarking an der Verbesserung der Versorgungsqualität, große Effekte konnten nachgewiesen werden. Eine vergleichbare Erfolgsgeschichte zur Qualitätssicherung ist das durch die DGOOC initiierte Endoprothesenregister (EPRD), in dem bereits mehr als 900.000 Operationen erfasst sind.
Um die Qualität auch für die operative Versorgung von Knochenbrüchen mit Implantaten (Osteosynthesen) messbar zu machen, wird die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) gemeinsam mit der Industrie – repräsentiert durch den Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) – in einer großen Kraftanstrengung ein nationales Osteosyntheseregister schaffen.
Im Osteosyntheseregister DGU sollen alle Osteosynthesen erfasst und im Verlauf beobachtet werden. Unfallchirurgen und Industrie versprechen sich von diesem Datenpool eine Qualitätssteigerung durch frühzeitige Erfassung von Implantatkomplikationen oder von nicht optimalen Behandlungsverfahren. Unabhängige wissenschaftliche Auswertung und Benchmarking sind unverzichtbar.
Mit dieser Aktivität der DGU und der Industrie werden zugleich die neuen gesetzlichen, europaweiten Anforderungen der MDR (Medical Device Regulation) erfüllt. Diese gesetzlichen Auflagen erfordern gemeinsame Lösungswege. Einzelne, inselartige Datenerhebungen sind nicht aussagekräftig. Um wirklich effektiv eine Steigerung der Qualität und Patientensicherheit zu erreichen, sollte im gemeinsamen Interesse über die gesetzlichen Anforderungen – wo immer möglich – hinausgegangen werden. Das neue Register wird daher mit dem geplanten gesetzlichen „Deutschen Implantatregister“ kompatibel sein und kann als Grundlage hierfür dienen.
Das Register will alle Osteosynthesen mit den verwendeten Implantaten, Problemen und
Komplikationen bei den Operationen und gegebenenfalls Nach-Operationen (Revisionen) identifizieren. Der Verlauf, nachdem der Patient das Krankenhaus verlassen hat, soll ebenso repräsentativ erfasst werden. Dieser sektorenübergreifende Schritt braucht besondere Lösungsansätze. Die ungeheure Fülle von Daten erfordert die automatisierte Übertragung von Daten aus den Krankenhausinformationssystemen (KIS). Die Ärzte sollen nicht noch mehr zu „Dokumentationsassistenten“ werden.
Die Daten werden pseudonymisiert und strukturiert erfasst, um den Bezug zum Implantat, zu Patientengruppen und zu Herstellern bei der Auswertung zu ermöglichen. Die wissenschaftlichen Auswertungen werden von einer unabhängigen Arbeitsgruppe durchgeführt werden, der BVMed vertritt die Medizinproduktehersteller. Eine unabhängige Vertrauensstelle wird eingefügt. Die Voraussetzungen der Datenschutzgrundverordnung werden erfüllt werden. Mit der Entwicklung dieser bundesweiten Datenbank und der entsprechenden Infrastruktur zur Erhebung ist die Akademie der Unfallchirurgie (AUC), eine 100-prozentige Tochter der DGU, beauftragt, die bereits jetzt mehrere sehr große Register verantwortet. Die Industrie wird eine ProduktDatenbank, ähnlich wie bei den Endoprothesen, beitragen.
Die Partner erwarten aus den Analysen von Operationen, Verläufen und Komplikationen erhebliches Verbesserungspotenzial, gleichzeitig die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben und die Erstellung einer Datenbank, die mit Erweiterungen (modular) jederzeit auch klinische Studien und besondere Fragestellungen ermöglicht.
Quellenangaben und weitere Informationen finden Sie in den Presseunterlagen zu DKOU 2018: hier klicken