Stuttgart – Mehr Zeit für Beratung und Motivation der Patienten sind wichtige Ziele des 2014 gestarteten Facharztvertrags Orthopädie in Baden-Württemberg. Dass dieses gemeinsame Ziel der Vertragspartner erreicht wird, belegen zwei Patientenbefragungen aus den Jahren 2015 und 2016*. 81 Prozent fühlten sich durch ihren Orthopäden gut beraten, 85 Prozent würden ihn weiterempfehlen. Auch die knapp 580 teilnehmenden Ärzte profitieren: 82 Prozent gaben an, wichtige Rückmeldungen zur Patientensicht erhalten zu haben, 72 Prozent erhielten Hinweise auf Verbesserungspotentiale. Diese bestanden etwa bei der Beratung zu Selbsthilfeangeboten (zum Beispiel für Ernährung und Bewegung).
Diskussion der Ergebnisse in Qualitätszirkeln
Die jährlichen Patientenbefragungen zur Versorgungsqualität und möglichen Verbesserungspotentialen erfolgen unter wissenschaftlicher Federführung des Universitätsklinikums Heidelberg im Auftrag der fünf Vertragspartner: Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU), Berufsverband Niedergelassener Chirurgen (BNC), AOK Baden-Württemberg, Bosch BKK und MEDI Baden-Württemberg. 183 Facharztpraxen (Rücklaufquote 49 Prozent) beteiligten sich 2015 an der Befragung, im Folgejahr 267 Facharztpraxen (59 Prozent). Im ersten Jahr nahmen rund 9.000 Patientinnen und Patienten teil, 2016 nochmals rund 10 Prozent mehr. Praxen mit mehr als 20 verwertbaren Fragebögen erhielten einen Feedbackbericht mit ihren praxisindividuellen Ergebnissen inklusive eines Vergleichs zu den aggregierten, anonymisierten Ergebnissen aller Praxen. Die Ärztinnen und Ärzte diskutierten die Ergebnisse zudem in den vertragsbegleitenden Qualitätszirkeln.
Gute Ergebnisse für Terminvergabe und Wartezeiten
Sehr gute Bewertungen erteilten die Patienten im Jahr 2015 für die Freundlichkeit des Praxispersonals (88 Prozent), für die Terminvergabe innerhalb von 14 Tagen (72 Prozent) sowie für kurze Wartezeiten von weniger als 30 Minuten (70 Prozent). 86 Prozent würden ihren Orthopäden wieder aufsuchen. Den stärksten statistischen Zusammenhang zur Gesamtzufriedenheit zeigte die Bewertung der ärztlichen Beratung. Vergleichbar positive Ergebnisse wie 2015 zeigten sich auch in der zweiten Befragungswelle 2016.
Patienten wünschen sich noch mehr Beratung
In beiden Befragungswellen zeigten sich gleichzeitig auch noch Verbesserungspotentiale. So wurde zwar die Beratung zu Angeboten der Selbsthilfe und zu Bewegungs- und Ernährungskursen von knapp 60 Prozent als ausreichend empfunden. Insbesondere jüngere, erwerbstätige Patienten wünschten sich hier eine noch intensivere Beratung zur Lebensweise und zu Fragen nach seelischen Belastungen. Das Grundanliegen des Facharztvertrags Orthopädie „Weg von der Fünf-Minuten-Spritzen-Medizin hin zu einer ganzheitlichen Behandlung“ geht aus Sicht der Vertragspartner auf. „Die vorliegenden Befragungsergebnisse bestätigen unseren eingeschlagenen Kurs einer Stärkung der Arzt-Patienten-Kommunikation und der Unterstützung des Selbstmanagements der Patienten“, so Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg.
Lembeck: „Veränderung von Gewohnheiten ist elementar.“
Aus Ärztesicht ist gerade die Motivation zu einem gesundheitsfördernden Lebensstil essentiell. „In unserem Fachgebiet sind ausführliche Aufklärung zu biologisch-psychologischen und medizinischen Zusammenhängen sowie Beratung und Anleitung zu dauerhaften gesundheitsförderlichen Veränderungen eingeschliffener Gewohnheiten elementar für eine gute Versorgung. Ein solch intensives Gespräch erfordert mehr Zeit, die der Arzt im Facharztvertrag Orthopädie jetzt zur Verfügung hat“, erklärt Dr. Burkhard Lembeck, MEDI-Sprecher und Sprecher des BVOU in Baden-Württemberg. Ergänzt wird dies durch die Präventionsberatung der AOK und der Bosch BKK-Patientenbegleiter. Zudem kann der Arzt im Orthopädievertrag zur Stärkung der Eigeninitiative der Patienten indikationsspezifische Angebote wie etwa das AOK-RückenKonzept, das Tübinger Knie- und Hüftprogramm, Präventionskurse der Bosch BKK oder bei akuten Sportverletzungen das rehabilitative Programm AOK-Sports verordnen.
Quelle: PM AOK Baden-Württemberg, Boscho BKK, MEDI Baden-Württemberg
* Strukturierte ambulante Patientenversorgung im Facharztvertrag Orthopädie: die Erfahrungen der Patienten als Qualitätskriterium (DOI 10.1055/s-0043-114417 Z Orthop Unfall – Sonderdruck eFirst). Die Quelle enthält die vollständige Publikation zur ersten Befragungswelle in 2015. Die Daten der Patientenumfrage für 2016 liegen noch nicht als Publikation vor.