Berlin – Wie können medizinische Innovationen schneller in der Regelversorgung und bei den Patienten ankommen? Und wie kann dabei bewertet werden, ob eine neue Therapie oder ein Medizinprodukt auch im Sinne des Patienten sind? Darüber diskutierten Experten Anfang Juni bei einer Plenumsveranstaltung zur Nutzenbewertung von Medizinprodukten in Berlin.
Die Veranstaltung mit dem Titel „Von der Innovation zur Regelversorgung: Nutzenbewertung und Entscheidungsfindung“ wurde gemeinsam von der Hochschule Neubrandenburg und der B. Braun-Stiftung organisiert. Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik diskutierten dabei das Spannungsfeld von Evidenzgenerierung, Patientennutzen und Innovationsförderung in einem wirtschaftlich tragbaren Gesundheitssystem.
Ziel der Nutzenbewertung ist es, für den Patienten gewinnbringende Innovationen möglich zu machen. Viele Vorträge drehten sich deshalb auch um die Bedeutung von Patientenpräferenzen. PD Dr. Stefan Sauerland, Ressortleiter nichtmedikamentöse Verfahren am Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, bestätigte die Bedeutung der Messung von Patientenpräferenzen. Allerdings seien sie für eine Nutzenbewertung nicht immer notwendig, da die Datenlage klinischer Studien oft eindeutig sei, so Sauerland.
Dies wurde von den anderen Referenten kritisch hinterfragt. Ein Argument war die Heterogenität der Präferenzen: Für junge Patienten könnten andere Endpunkte und Werturteile eine Rolle spielen als für ältere Patienten. Statt die Patientensicht durch einige wenige Patientenvertreter einzubringen, solle sie eher mit qualitativen und quantitativen Studien zu spezifischen Fragestellungen dokumentiert werden.
Auch Prof. Axel Mühlbacher, Professor für Gesundheitsökonomie und Medizinmanagement an der Hochschule Neubrandenburg, betonte, wie wichtig es ist, den Patienten einzubeziehen. Der Experte propagiert eine dynamische Evidenzgenerierung, bei der strukturiert klinische Evidenz und Evidenz hinsichtlich der Patientenpräferenzen erhoben werden. Um Innovationen schnell ins System zu bringen, sei es erforderlich, die Evidenz, und damit das Wissen um den Nutzen, stetig durch neue Studienergebnisse zu erweitern. Optional diskutiert wurde eine Kombination aus früher Nutzenbewertung mit bedingter Zulassung und einer fortlaufenden Evidenzgenerierung, zum Beispiel durch Register. So könnten Innovationen schneller bei Patienten ankommen.
Hintergrund
Mit dem in der letzten Legislaturperiode in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) wurde der §137h SGB V eingeführt. Er sieht eine „Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse“ und besonders invasivem Charakter sowie neuem theoretisch-wissenschaftlichem Konzept vor.
Quelle: B. Braun-Stiftung