Berlin – „Je bedeutender die Gesundheitswirtschaft wird, desto dringender brauchen wir im Interesse der Patientinnen und Patienten eine qualitätsorientierte Marktregulierung. Dies darf jedoch nicht in eine neue Inflation von gesetzlich vorgegebenen Einzelinterventionen zur Qualitätssicherung ausarten. Die künftige Bundesregierung sollte bei der Qualitätsoffensive nicht nachlassen, sich dabei aber auf die Big Points konzentrieren. Hierzu zählt insbesondere auch ein sektorenübergreifender Strukturwandel.“ Diese Auffassung hat Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und dort für das Thema Qualitätssicherung zuständig, bei der zurückliegenden Qualitätssicherungskonferenz des G-BA vertreten.
Neue Aufträge des Gesetzgebers: Zweitmeinungsverfahren und Qualitätsverträge
Hintergrund: Der Gesetzgeber hat sich in der letzten Legislaturperiode die Weiterentwicklung der klassischen Qualitätssicherung zu einer qualitätsorientierten Versorgungssteuerung zum Ziel gesetzt. Der G-BA wurde im Zuge dessen mit der Einführung zahlreicher neuer Methoden und Instrumente der Qualitätssicherung beauftragt. Hierzu zählen beispielsweise neue Qualitätsindikatoren oder Verfahren zur Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung sowie die Möglichkeit zu sogenannten besonderen Qualitätsverträgen. Entwicklung, Einsatz und Effekte dieser Instrumente standen im Zentrum der neunten Konferenz in Berlin.
Zweitmeinungsverfahren startet mit Indikationen Mandel-OP und Gebärmutterentfernung
Der G-BA hat am 21. September die Verfahrensregeln beschlossen, nach denen Patientinnen und Patienten zukünftig vor bestimmten geplanten Eingriffen eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen können. Geregelt wurde auch, über welche besonderen Qualifikationen zweitmeinungsgebende Ärztinnen und Ärzte verfügen müssen und welche genauen Aufgaben sie haben. Als erste Verfahren, für die das strukturierte Zweitmeinungsverfahren angewendet werden kann, wurden Tonsillektomien, Tonsillotomien und Hysterektomien vorgesehen.
Besondere Qualitätsverträge auch für endoprothetische Gelenkversorgung möglich
Bereits im Mai wurden vier stationäre Leistungen beziehungsweise Leistungsbereiche festgelegt, zu denen das neue Instrument Qualitätsverträge erprobt werden soll. Dazu zählt auch die endoprothetische Gelenkversorgung.
Klakow-Franck forderte zur Umsetzung einer sektorenübergreifenden Qualitätsentwicklung auch die elektronische Patientenakte. Aber „darüber sollte nicht vergessen werden: Der Hauptfaktor für eine qualitativ hochwertige, humane Patientenversorgung ist die angemessene Ausstattung mit dem notwendigen therapeutischen Personal im Bereich der ärztlichen, pflegerischen und weiteren Gesundheitsberufe.“ Ein Themenschwerpunkt des ersten Tages der Konferenz waren deshalb Mitarbeiterorientierung und Führungskultur, aber auch verbindliche Personalquoten.
Quelle: G-BA