Berlin – Im Berliner Landesverband engagiert sich Dr. Martin Talke (✝) seit Jahren für die orthopädische Rheumatologie. Hierfür organisiert der seit über zwei Jahren pensionierte Orthopäde regelmäßige Qualitätszirkel in der Hauptstadt. Ein Interview über seine Leidenschaft zum Fach und warum weshalb? Dr. Talke noch längst nicht an seinen Ruhestand denkt.
Herr Dr. Martin Talke, Sie sind seit 2,5 Jahren im Ruhestand. Dennoch engagieren Sie sich weiterhin aktiv im Berliner Landesverband und ans Aufhören denken Sie noch lange nicht. Was treibt Sie an?
Dr. Martin Talke: Mein Beruf war und ist weiterhin Mittelpunkt meines Lebens. Ich erinnere mich im Zusammenhang an Ihrer Frage an meinen Dankesspruch zur Verleihung der Ehrenmitgliedschaft im BVOU zum Jahreskongress 2014:
Die Orthopädie ist ein Pfeiler in meinem Leben:
Sie hat mit Freude und Freunde gegeben;
Bekanntes und Neues im Fach zu pflegen.
Es zu vermitteln den jungen Kollegen,
einen Lahmen wieder zum Laufen bringen,
wenn Rheumatiker wieder springen;
dies stimmte mich alle Jahrzehnte froh,
auch häufig unter dem Dach des BVO.
Helfen von Kopf bis Fuß, von Hand bis Knie –
das vergesse ich nie:
Es lebe die deutsche Orthopädie!
Das haben Sie schön gesagt! Apropos Kongresspräsidentschaft: Welchen Fokus haben Sie damals auf die Themen des DKOU gelegt?
Dr. Talke: Jeder Präsident hat die Möglichkeit, seine Vorlieben im Fach während des Kongresses als Schwerpunkt darzustellen. Die Rheumatologie steht weder an den Kliniken noch in den Praxen an vorderster Front. Deswegen sah ich hier einen Nachholbedarf, der auch hinsichtlich der Vorträge und Sessions entsprechend zahlreich von den Kongressteilnehmern besucht wurde.
Sie setzen sich seit vielen Jahren für die orthopädische Rheumatologie und dahingehend für eine angemessene Vergütung ein. Warum?
Dr. Talke: Die internistischen Rheumatologen sind eine kleine, früher materiell nicht verwöhnte Facharztgruppe. Dank Ihrer intensiven Öffentlichkeitsarbeit und der zunehmenden Unterstützung durch die milliardenschwere Rheuma-Pharmaindustrie gelang es dieser Gruppe, mehr Beachtung und Gruppenverträge zu bekommen. Die orthopädischen Rheumatologen – ein kleines Pflänzchen in der Orthopädie und gerade so geduldet von führenden internistischen Rheumatologen – haben diese Beachtung nie erfahren, aber auch in der Breite nie so intensiv daran gearbeitet.
Obwohl die unkomplizierten Verlaufsformen entzündlicher Gelenkerkrankungen identisch aufwendig und erfolgreich behandelt werden, haben die orthopädischen Rheumatologen große Schwierigkeiten, ähnliche extrabudgetären Vereinbarungen zu erzielen.
Dazu sollte ergänzt werden, dass die Zusammenarbeit von orthopädischen und internistischen Rheumatologen im Praxisalltag oft hervorragend funktioniert, während in den höheren Etagen selten Konsens erreicht wird.
Welcher berufspolitische Erfolg ist Ihnen für die orthopädische Rheumatologie besonders wichtig?
Dr. Talke: 2005, zum vierten Quartal, ist es mir zusammen mit einer internistischen Rheumatologin, Dr. Kirsten Karberg, gelungen, eine Sondervereinbarung der KV-Berlin und der AOK-Berlin zu erreichen, in der orthopädische und internistische Rheumatologen gleichermaßen extrabudgetär für Fälle von Früherkennung einer rheumatoiden Arthritis und der Dauerbehandlung von Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen, vergütet werden.
Dieses Modell war und ist das einzige in der Bundesrepublik mit gleicher Vergütung beider FA-Gruppen. Von den Teilnehmern wird allerdings bemängelt, dass die Vergütung und der Aufwand nicht in angemessenem Verhältnis stünden.
Seit wann organisieren Sie die Berliner Qualitätszirkel zum Thema Rheumatologie?
Dr. Talke: Gleich nach meiner Amtszeit als Kongresspräsident des damaligen BVO 2002, habe ich zusammen mit Dr. Uta Stiegler den Qualitätszirkel „orthopädische Rheumatologie“ ins Leben gerufen, den ich seit 15 Jahren nun allein führe.
Welche Inhalte sind Ihnen bei den Qualitätszirkeln besonders wichtig? Wie akquirieren Sie die hochkarätigen Referenten für die Veranstaltung?
Dr. Talke: Da wir insgesamt etwa 18 orthopädische und zwei internistische Teilnehmende sind, liegen die Wunschthemen eindeutig auf dem Gebiet der inneren Rheumatologie. Da Berlin über ein sehr großes Klinikangebot, diverse Forschungsstätten und Praxen für das Gebiet Rheumatologie und Immunologie verfügt, und da ich schon seit vielen Jahrzehnten mit den Instituten verbunden bin, gelingt es mir immer wieder, namhafte Referenten der Universitäten und der Kliniken und anerkannte Spezialisten zu unserem Qualitätszirkel zu gewinnen. Dies garantiert, dass wir einerseits neueste Erkenntnisse von den internationalen Kongressen erfahren und andererseits in der Diskussion mit den erstklassigen Experten die für die Praxis wichtigen und effizienten Probleme ausdiskutieren können.
Wie lassen sich heutzutage Nachwuchsmediziner für die orthopädische Rheumatologie begeistern?
Dr. Talke: In den 20 Jahren Qualitätszirkel sind einige der Teilnehmer schon von Anfang an dabei. Leider verjüngt sich der Kreis der Teilnehmenden nur mäßig. Eine erschütternde Tatsache ist, dass in den letzten fünf Jahren bei der Ärztekammer Berlin kein Prüfungsantrag für die orthopädische Rheumatologie an uns Prüfer gestellt wurde. Die zusätzliche Weiterbildungszeit, ohne eine zusätzliche Vergütung zum allgemeinen orthopädischen Facharzt, sind offenbar Grund genug, darauf zu verzichten.
So ist die Initiative des BVOU zu begrüßen, mit seiner Fortbildungsreihe zum Rheumatologisch Fortgebildeten Orthopäden – Rhefo Interesse und Wissen für die Rheumatologie in der Praxis zu vermitteln und somit auch die Jüngeren aus unserem Fach dafür zu begeistern.
Am Schluss bitte noch einen Veranstaltungstipp: Wann findet der nächste Qualitätszirkel statt?
Dr. Talke: Der Qualitätszirkel findet sechs Mal im Jahr statt, die nächste Sitzung ist für den am 29.8.2022 geplant. Die Teilnahme an dieser Veranstaltung ist begrenzt, so dass eine Anmeldung erforderlich ist.
Herr Dr. Talke, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Janosch Kuno, BVOU-Pressearbeit.