Die Reform der Bedingungen für die niedergelassenen Durchgangsärzte ist zum 1.1.2024 in Kraft getreten. Hier werden die Details der neuen strukturellen Vorgaben für die Eingriffsräume erläutert.
Es ist zu begrüßen, dass in den aktuellen Regelungen die hygienischen Erfordernisse gesondert schriftlich festgelegt wurden. Dies erleichtert es den Durchgangsärztinnen und -ärzten, bei einem geplanten Orts- oder Betreiber-Wechsel die eigenen Strukturen zu überprüfen und ggf. sachgerecht anzupassen. Wir empfehlen dringend, in jedem Einzelfall schon während der Planungen neben dem beratenden Krankenhaushygieniker und den zuständigen Gesundheitsbehörden auch den Landesverband der DGUV einzubeziehen.
Die seit dem 1.1.2024 gültigen Vorgaben sind hier herunterzuladen.
In der Präambel zu den seit 1.1.2024 gültigen Strukturvorgaben heißt es:
Für die Durchgangsarzttätigkeit ist ein Eingriffsraum erforderlich.
Dies bedeutet nunmehr eine entscheidende Verbesserung gegenüber den alten nicht mehr gültigen Bedingungen aus dem Jahr 2011, in denen noch „Zwei Eingriffsräume für invasive Eingriffe, getrennt für Eingriffe bestimmten Kontaminationsgrades“ gefordert wurden. Demgemäß wird jetzt zur Beurteilung der hygienischen Voraussetzungen auf die aktuelle KRINKO Empfehlungen zur Prävention postoperativer Wundinfektionen von 2018 abgehoben, die gemäß §23 (3) des Infektionsschutzgesetzes eine hochgradige Bindungswirkung entfaltet.
Grundsätzlich wird von der DGUV jetzt zwischen Eingriffsräumen (ER) der Kategorie A und der Kategorie B unterschieden, letztere mit leicht abgesenkten Strukturvorgaben.
Eine D-Arzt-Praxis muss (abweichend von der irrtümlichen Darstellung im Infobrief des BVOU 4/2023 ) mindestens einen ER der Kategorie A vorhalten.
Ergänzend dazu ist ab 2024 folgende pragmatische Regelung vorgesehen: Wenn innerhalb des Gebäudes, in dem die Durchgangsarzttätigkeit ausgeübt wird, zusätzlich ein gesonderter Bereich für Operationen mit geringem oder höherem SSI-Risiko vorhanden ist und dieser barrierefrei erreichbar und kurzfristig verfügbar ist, reicht auch die Vorhaltung eines ER der Kategorie B in der Praxis bzw. der Krankenhausambulanz aus.
Die Vorgaben für die Kategorien A und B sind im Einzelnen der Tabelle zu entnehmen. Daher soll hier nur auf Besonderheiten eingegangen werden.
Strukturelle Vorgaben für einen Eingriffsraum der Kategorie A
Dieser ER soll sich in einem gesonderten, verkehrsberuhigten und vor unbefugtem Betreten gesicherten (OP.-) Bereich befinden.
Unter 2.1. wird für die Grundfläche des ER 20m2 angegeben. Diese Fläche stellt aber lediglich einen Richtwert dar, der nicht maßgeblich unterschritten werden sollte. Entscheidend dürfte sein, ob für die beabsichtigte operative Tätigkeit um den OP-Tisch herum ausreichend Platz ist, um unter hygienischen Gesichtspunkten freie Personenbewegungen zu ermöglichen und die benötigten Instrumententische aufzustellen. Das erforderliche Instrumentarium (und damit auch der Platzbedarf) dürfte z. B. für arthroskopische Operationen oder Osteosynthesen mit Durchleuchtungsgerät deutlich umfangreicher sein als z. B. für kleinere Weichteileingriffe. Daher muss beurteilt werden, ob der freie Bewegungsraum unter Berücksichtigung von festen Einbaumöbeln oder flexibler Einrichtung, z.B. mit mobilen Gerätewagen, ausreichend ist. Entsprechend den Vorgaben der KRINKO sollte dies anhand des beabsichtigten Op.-Spektrums in Kooperation mit dem beratenden Krankenhaus-Hygieniker und dem DGUV-Landesverband festgelegt werden.
Die weiteren Vorgaben unter 2.2. bis 2.13. entsprechen im Wesentlichen den Vorgaben für das Ambulante Operieren gemäß § 115b des SGB V und dürften somit von den Vertragsärzten ohnehin eingehalten werden. Abweichend ist nunmehr nicht mehr eine aufwändige gerundete Anbindung des Fußbodens an die abwaschbare Wand erforderlich, hier reicht gemäß 2.5. eine desinfektionsmittelbeständige, dichtsitzende und gut verfugte hohe Scheuerleiste aus. Aus 2.11. und 2.12. ist zu entnehmen, dass RLT-Anlagen aus hygienischen Gründen in der Regel nicht gefordert werden und nur ggfs. aus klimaphysiologischen Gründen und/oder zur Absaugung von Narkosegasen oder Rauch notwendig sind. Auch dies ist im Vorfeld mit dem beratenden Krankenhaushygieniker und ggf. mit dem Gewerbeaufsichtsamt zu klären.
Hierbei sollte geprüft werden, welche Eingriffskategorie sie operieren wollen und ob sie gegebenenfalls doch eine RLT-Anlage zur Erreichung der Klasse I B benötigen, insbesondere bei geplanten Operationen mit großflächigen Implantaten.
Die unter 3. bis 7. genannten baulichen Vorgaben entsprechen den üblichen Standards für ambulante Operationsbereiche. Eine Erleichterung findet sich unter 3., indem hier bei kleinerem Umfang der geplanten Operationen und geringem Personalbedarf der geplanten Eingriffe, auch eine Einkammer-Schleuse akzeptiert wird. Auch die unter 8. aufgeführte Möglichkeit, die Personalumkleide, die Patientenumkleide, den Waschplatz und den Ruheraum bei entsprechender Größe und hygienisch einwandfreier Aufteilung auch kombiniert zu nutzen, eröffnet im Einzelfall pragmatische und aufwandsarme bauliche Lösungen.
Strukturelle Vorgaben für einen Eingriffsraum der Kategorie B
Ein ER der Kategorie B kann im normalen Praxis-/Ambulanzbereich liegen. Die hygienischen Voraussetzungen gemäß 2.1. bis 2.13. gelten gleich wie für den ER der Kategorie A, allerdings mit den wichtigen Ausnahmen, dass weder gesonderte Umkleideräume für das Personal noch für die Patienten noch ein gesonderter Ruheraum gefordert werden. Der Waschplatz kann beim ER B auch in einer Nische vor oder im Raum liegen und für die Entsorgung ist der normale Entsorgungsraum der Praxis ausreichend. Da die üblicherweise vorhandenen Räume für Wundversorgungen diese Vorgaben erfüllen dürften, stellt diese Regelung eine deutliche Vereinfachung dar, ohne dass dies die Versorgungsqualität beeinträchtigt.
Insgesamt ist die Anpassung der strukturellen Voraussetzungen sehr zu begrüßen, vor allem wegen der daraus resultierenden Transparenz der Beurteilungsgrundlagen. Die Reduzierung von 2 ER auf einen und der Wegfall der Trennung in septisch/aseptisch stellt eine wesentliche Erleichterung dar und dürfte auch die Weitergabe älterer Praxen unterstützen.
Es ist aber zu beachten, dass keine Zugeständnisse bei den Vorgaben zur barrierefreien Erreichbarkeit zu erzielen waren.
Sollten im Einzelfall trotz der Einbindung des beratenden Krankenhaushygienikers noch Fragen offenbleiben, so bietet der BDC seinen Mitgliedern Beratung und Unterstützung an. Darüber hinaus ist aber zu berücksichtigen, dass die hygienischen Bedingungen der Einrichtungen für ambulantes Operieren nicht nur von der DGUV, sondern in der Regel auch vom zuständigen Gesundheitsamt und dem Gewerbeaufsichtsamt abgenommen werden müssen.
Literatur:
Prävention postoperativer Wundinfektionen
Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut
Bundesgesundheitsbl 2018 · 61:448–473
Kalbe, P.:
Der reformierte D-Arzt. Die neuen Bedingungen seit 1. Januar 2024
Mitteilungen und Nachrichten O und U, Jg. 14, Nr.1, Februar 2024
Dr. Peter Kalbe, BDC-Vizepräsident
Dr. Gerd Rauch, BVOU Landesvorsitz Hessen