Vom 25. bis 26. Oktober fand das Abschlussseminar des neugestalten RhefO-Curriculums erneut in Berlin, diesmal in den Räumen der BVOU Geschäftsstelle.
Neun Teilnehmer aus Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen reisten zu dieser Veranstaltung an. Alle haben das Testat und damit den Kurs erfolgreich absolviert und somit 44 Fortbildungspunkte der Ärztekammer Berlin auf ihr Konto gutgeschrieben.
Das neu gestaltete RhefO-Curriculum wurde zum dritten Mal von der Akademie AOUC organisiert und teilte sich in einen Online-Teil, ein Webinar und den besagten zweitätigen Präsenzkurs in Berlin parallel bzw. im Anschluss an den DKOU.
Der zweitätige Präsenzkurs incl. Abschlusstestat wurde wie bisher von den orthopädischen Rheumatologen Dr. Monika Schulze-Bertram, FÄ für Orthopädie und Unfallchirurgie, niedergelassen mit SP Rheumatologie in Falkensee und Dr. Wolfgang Böker, Lüneburg, Leiter Referat Rheumatologie und Landesvorsitzender Niedersachsen im BVOU geleitet.
Als weitere Referenten im Team waren Dr. Martin Arbogast, CA der Abteilung für Rheumaorthopädie und Handchirurgie Oberammergau, Dr. Christoph Kuhn, internistischer Rheumatologe und Immunologe aus Karlsruhe, der Unfallchirurg Dr. Jörg Schmidt, CA ärztl. Dienst der Reha Assist Deutschland und Ärztlicher Direktor des Institutes für Rehabilitationsforschung und Personenschaden-Management und Dr. Klaus Thierse, orthopädischer Rheumatologe Berlin tätig.
Der erste Tag des Präsenzseminars zur Erlangung des Zertifikats rheumatologisch fortgebildeter Orthopäde (RhefO) dient der Diagnostik.
Zunächst wurden die entzündlich rheumatischen Erkrankungen mit Betonung auf RA, PsA und SpA nochmals systematisch vorgestellt, und im praktischen Teil in Kleingruppen anschließend die Erhebung der Anamnese und die Erstellung der Functional Assessments mittels Scores (DAS 28, FFbH, BASDAI, GEPARD) geübt. Speziell in der Rheumadiagnostik ist es wichtig, Kriterien zu erheben, um eine exakte rheumatologische Diagnose zu stellen.
Parallel dazu wurde die bildgebende Diagnostik, einschließlich Röntgen, MRT und Arthrosonographie besprochen. Die Gruppen wechselten die Räume.
Der Donnerstagnachmittag stand vor allem im Zeichen der praktischen Untersuchungen in Kleingruppen mit den Patient Partners der Rheuma-Liga, Landesverband Brandenburg, e.V.
Der Kontakt kam zustande über Fr. Dr. Monika Schulze-Bertram als Vize-präsidentin der Rheuma-Liga, Landesverband Brandenburg, e.V. Die Planung fand seit August 2024 statt.
Die Patient Partner sind Mitglieder der Rheuma-Liga e.V. und leiden seit Jahren an einer chronischen Form einer schweren ausgeprägten rheumatischen Erkrankung, bei diesen Patienten an einer RA. Das Besondere daran ist, dass die Patient Partner von der Rheumaliga für diese Veranstaltungen im Vorfeld geschult wurden. Sie trugen ihre Krankheitsgeschichten überzeugend vor.
Anschließend hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, die Patienten zu untersuchen und auch am bereitgestellten Ultraschallgerät unter technischer Einweisung eine Arthrosonographie an den peripheren Gelenken der Hände und Finger durchzuführen. Die Teilnehmer rotierten räumlich, so dass alle die Gelegenheit hatten, die Gelenke sonographisch zu untersuchen.
Parallel hielt Fr. Dr. Schulze-Bertram zweimal einen Vortrag zur Osteoporose bei RA und wertete in einem weiteren Raum in Kleingruppen anonymisiert aktuelle Knochendichtebefunde aus ihrer Praxis, die erst kürzlich von der ärztlichen Stelle Röntgen Cottbus nach der neuen DVO-Leitlinie aus 2023 geprüft wurden, mithilfe der BVOU-Osteoporose-App aus.
Hervorzuheben sind hier die Diskussionsbeiträge eines Teilnehmers, der als Osteologe bereichernde Hinweise geben konnte.
Ein besonderer Höhepunkt waren sicherlich für alle Teilnehmer die mitgebrachten sog. Rheumahandschuhe. Das sind besonders konzipierte dicke Handschuhe, die angezogen werden und die Behinderungen und Einschränkungen simulieren, die Rheuma-Patienten durch ihre Deformierungen täglich erfahren. Auch das Tastgefühl geht in diesen Handschuhen völlig verloren, ähnlich wie es die Patienten im Alltag erleben. Anschließend mussten die Teilnehmer versuchen, mit diesen Handschuhen eine Bluse zu öffnen oder auch nur eine Getränkeflasche mit und ohne Hilfsmittel zu öffnen. Jetzt ist allen Beteiligten klar, warum Rheuma-Patienten so ungern Blusen oder Hemden tragen und ein T-Shirt bevorzugen. Aber auch die Einschränkungen im täglichen Umfeld werden damit erlebbar. Außerdem wurden alle Teilnehmer in der Versorgung von Rheumakranken mit Handprothesen geschult.
An dieser Stelle nochmals der besondere Dank an die Patient Partner der Rheuma-Liga, Landesverband Brandenburg, und insbesondere die Präsidentin Fr. Krahl, dass sie die Anreise nicht scheuten und sich für diesen Nachmittag ehrenamtlich zur Verfügung stellten.
Am zweiten Tag des Präsenzkurses standen die Rheumatherapien, medikamentös und nicht-medikamentös, im Vordergrund.
Folgerichtig referierte der internistische Rheumatologe und Immunologe Herr Dr. Christoph Kuhn, Karlsruhe, über die medikamentöse Therapie, einschließlich Basistherapie auf Ebene der csDMARDs und den klinischen Umgang mit den Biologika bzw. Biosimilars.
Anschließend wurden Krankheitsverläufe vorgestellt und diskutiert. Die Kriterien zur Diagnostellung einer RA wurden vom Vortag wiederholt und deren medikamentöse Therapie auf Ebene der csDMARDS, die weiterhin als Standard in der Therapie der RA gelten, besprochen und intensiv diskutiert.
Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der konservativen und operativen Therapie. Es zeigte sich, dass hier die Kernkompetenz bei den orthopädischen Rheumatologen liegt. Auch hier wurde wieder über die Fallstricke bei der operativen Therapie gesprochen, sowie die physikalische und manuelle Therapie nochmals vertieft. Hervorzuheben war der Vortrag von Dr. Arbogast zu operativen Themen in der Rheumatologie.
Es folgte das Abschlusstestat, welches sämtliche Teilnehmer erfolgreich bestanden. Somit wurden von der AOUC innerhalb eines Jahres 51 Kolleginnen und Kollegen rheumatologisch fortgebildet und erhielten ihr RhefO-Zertifikat.
Zunächst bleibt festzustellen, dass sich ausnahmslos alle Teilnehmer sehr intensiv in die interaktiven Falldiskussionen eingebracht haben. Die Teilnehmer waren äußerst motiviert und interessiert. Die Arbeit in den Gruppen und auch die Diskussionen über die zahlreichen mitgebrachten Fälle wurden von den Teilnehmern als besonders wertvoll bezeichnet. Natürlich auch der Umgang mit „echten“ Patienten, wo man die rheumatischen Erkrankungen selbst „erfühlen und erfahren“ konnte. So konnten alle von diesem Kurs profitieren und sind mit einem deutlich geschulten Auge hinsichtlich der rheumatologischen Erkrankungen nach Hause gefahren.
Der Kurs richtet sich an alle Orthopäden, die die Voraussetzungen für die Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumatologie nicht erfüllt haben, sich aber trotzdem in die Versorgung der orthopädischen Patienten einbringen möchten. Grundsätzlich fallen laut Weiterbildungsordnung die entzündlichen Gelenkerkrankungen in das Fach Orthopädie /Unfallchirurgie.
Es handelt sich bei auf dem Gebiet der Rheumatologie um ein ausgesprochenes Mangelfach, die Versorgung der Rheuma-Patienten ist in Deutschland keineswegs gesichert. Die Wartezeiten sowohl für ambulante als auch stationäre Versorgungen sind lang, zeitweise dauert es Monate bis Jahre, bis die Patienten einen kompetenten Ansprechpartner finden, sowohl orthopädisch als auch internistisch rheumatologisch.
Der Kurs hat das Ziel, die Teilnehmer in der Sicherheit der Diagnostik zu stärken und die Therapieschritte der ersten Monate zu klären. Auf dieser Basis „anbehandelte“ Patienten werden (auch durch die Vermittlung durch die TSS) bei Problemen mit dem weiteren Procedere sicherlich deutlich schneller Termine bei orthopädischen oder internistischen Rheumatologen bekommen.
Insofern ist es wichtig, dass sich deutlich mehr Orthopäden an der Versorgung der Rheuma-Patienten beteiligen. In der Weiterbildung kommt dieses Fach allerdings weiterhin zu kurz. Auch durch die Einbindung der Unfallchirurgie wurde die konservative Therapie, und damit die Lehre über die rheumatischen Erkrankungen weiter geschwächt. Dies gilt, es, aktiv auszugleichen, zumal der Bedarf, wie oben beschrieben, sehr hoch ist. Ein Hindernis ist sicherlich die vergleichsweise unzureichende Vergütung sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich, insbesondere bei den orthopädisch tätigen Kollegen und Kolleginnen, sowohl konservativ als auch operativ.
Hier gilt es, auch auf Seiten des Berufsverbandes, die Situation für die in der Rheumatologie tätigen Kollegen zu verbessern.
Am Ende bleibt festzustellen, dass dieses wichtige Fach einer weiteren Unterstützung bedarf, insofern wird das Kursangebot auch in Zukunft weiter aufrechterhalten und auch noch ausgebaut werden.
Die gesamte Veranstaltung wurde durch die Ärztekammer Berlin wie im Vorjahr mit 44 Fortbildungspunkten bedacht.
Wir möchten schon jetzt alle Interessierten auf die kommende Veranstaltung im Rahmen des VSOU in Baden-Baden hinweisen. Diese Präsenzveranstaltung wird voraussichtlich vom 01. bis 02. Mai stattfinden. Es sind noch wenige Plätze frei. Die gesamte Veranstaltung, bestehend aus Curriculum, Präsenskurz und Vorab-Webinar wurde 2024 mit 37 Fortbildungspunkten von der Ärztekammer Baden-Württemberg bewertet. Diese werden für 2025 wieder beantragt.
Dr. Monika Schulze-Bertram
Dr. Wolfgang Böker