Berlin – Ein innovatives Fortbildungsangebot soll dazu beitragen, die Weiterbildung in der eigenen Klinik oder Praxis besser als bisher zu strukturieren, Lernkonzepte auszubauen und die eigenen Fähigkeiten als Weiterbilder durch Supervision zu vertiefen. Am 17. Juni beginnt der mittlerweile vierte Mastertrainerkurs für alle in die Weiterbildung involvierte Kolleginnen und Kollegen: Chefärzte, Oberärzte, Fachärzte und Assistenzärzte, die ermächtigt sind, die Weiterbildung zu koordinieren. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Angebot der Berufsverbände der Chirurgen (BDC), Internisten (BDI) und des BVOU. Die Initiative wird mittlerweile auch von VLOU und DGOU unterstützt.
Hauptanliegen ist es, die vor Ort tätigen Weiterbilder im Hinblick auf die wichtigsten Instrumente der strukturierten Weiterbildung zu schulen und in Supervisionen kontinuierlich zu begleiten. Das Kursangebot umfasst ein klassisches „Train-the-Trainer“-Konzept: Zunächst werden erfahrene Weiterbilder zu Mastertrainern ausgebildet. Dann ist Gelegenheit, die neuen Instrumente und Konzepte sechs Monate lang in der eigenen Abteilung einzusetzen. Die Erfahrungen daraus lassen sich auch nutzen, um Kollegen in der eigenen Klinik zu schulen oder bei weiteren Kursen der Berufsverbände mitzuarbeiten.
Problem: Die Assistenzärzte gehen rasch wieder
Einen Einblick in Themen des Mastertrainings nahmen Ende April in Baden-Baden mehrere Orthopäden und Unfallchirurgen im Rahmen eines Schnupperkurses beim VSOU-Kongress. „Die Weiterbildung ist ein wesentliches Thema an unserem Haus. Denn seit geraumer Zeit wechselten die Assistenzärzte in hoher Frequenz, häufig direkt nach Beendigung des common trunk“, sagt Teilnehmer Dr. med. Tobias Keßler, Chefarzt der Abteilung Unfallchirurgie und Orthopädie am Städtischen Krankenhaus Pirmasens in der Pfalz. Ziel sei es nun, den Nachwuchs zu motivieren und zu halten, indem man ein Basiscurriculum für die Weiterbildung formuliere. „Wir wollen nachhaltiger in die Zukunft planen“, betont Keßler.
Am Schnupperkurs hat ihn erstaunt, wie offen unter den Kollegen gesprochen wurde: „Man hat gespürt, dass überall Druck im Kessel ist.“ Keßler führt regelmäßig Mitarbeitergespräche mit den Weiterzubildenden. Doch bei aller Übung hält er dies immer noch für herausfordernd: „Es ist sehr schwer, mit einem Mitarbeiter über vorliegende Schwächen zu sprechen. Eine Schulung von uns Chefärzten gerade zum Umgang mit Konfliktsituationen im Sinne eines Coachings wäre höchst hilfreich.“ Mit Assistenzärzten in Pirmasens, die aus anderen Ländern stammen, gebe es teilweise zusätzlich noch sprachliche Probleme. Keßler hält auch wegen der gestiegenen Ansprüche des ärztlichen Nachwuchses an die Ausbilder das Kursangebot Mitte Juni in Berlin für ein sehr gutes Projekt.
Weiterbildung ist verbindlich – und braucht deshalb einen Rahmen
Dafür, sich weiter zu qualifizieren, wirbt auch Prof. Dr. med. Marcus Siebolds von der Katholischen Hochschule Köln, einer der Referenten im Juni und Referent des Schnupperkurses. Für die Ausbilder müsse man „mit wenigen Instrumenten ins Rennen gehen statt mit großen Programmen“, findet er. Wenn man die Grundidee verschiedener Tools – Kerncurriculum, Tutorenmodell, Kompetenzeinschätzung, Weiterbildungsgespräch – verinnerlicht habe, könne man in der eigenen Klinik oder Praxis sehr differenziert damit arbeiten. Siebolds Überzeugung: „Die Facharztweiterbildung ist etwas sehr Verbindliches. Dafür muss man auch einen sehr klaren, verbindlichen Rahmen finden.“
Der Mastertrainerkurs in Berlin dient dazu, einen Einstieg in die Themen der Qualifizierung zu finden, an der Anpassung der Tools für das eigene berufliche Feld zu arbeiten und sich mit der Rolle als Weiterbilder und den Anforderungen daran auseinanderzusetzen. Im Anschluss werden in der Regel zwei Supervisionen pro Jahr angeboten, bei denen aktuelle Probleme der Trainerarbeit besprochen werden. Die Teilnahme daran ist optional, ebenso die Mitarbeit bei überregionalen Veranstaltungen zur Ausbildung von interessierten Weiterbildern.
Klare Ansagen, was bis wann gelesen und gelernt werden muss
Angetan vom Schnupperkurs war Ende April auch Dr. med. Malte Natalis. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie bildet in seiner Praxis in Freiburg in den Bereichen Schmerztherapie und Rheumatologie junge Ärztinnen und Ärzte weiter und wollte herausfinden, was er dabei noch besser machen kann. „Ich habe einiges erfahren und auch schon einiges geändert“, berichtet er kurz nach dem Kurs. Deutlicher als bisher mache er den Kollegen in Weiterbildung klar, „was bis wann gemacht und nachgelesen werden muss“. Sein Ziel ist es, „klare Richtlinien und Grenzen zu schaffen“. Das stößt nicht immer auf Gegenliebe, merkt Natalis, aber er verdeutlicht auch die Vorteile klarerer Strukturen: Die Weiterzubildenden lernten kontinuierlicher und nicht allein auf einen Prüfungstermin hin, sie könnten ihr Wissen deshalb auch einfacher überprüfen. Und klare Vorgaben zur notwendigen Lektüre vermittelten dem Nachwuchs: „Ich sorge dafür, dass Du die nötigen Dinge lernst.“
Natalis fand im Schnupperkurs erst, dass die vielen Vorgaben ein bisschen streng sind: „Das kam mir anfangs vor wie der Erziehungsstil des 19. Jahrhunderts.“ Aber ihn überzeugte das Argument, eine klare Struktur in der Weiterbildung sei von Vorteil für alle. Er erlebt zudem, dass viele junge Ärztinnen und Ärzte es nicht gelernt haben, sich selbst so zu strukturieren und durchzubeißen wie die Älteren, und einen klaren Rahmen fordern. Natalis hat vieles aus dem Seminar aufgegriffen, aber das perfekte schriftliche Konzept steht noch nicht ganz, wie er lachend einräumt: „Ich bin dabei.“
Wer Interesse an einer Teilnahme am Mastertraining am 17./18. Juni in Berlin hat, sollte sich rasch anmelden: Es werden noch einige wenige Plätze für Teilnehmer aus dem Bereich Orthopädie und Unfallchirurgie freigehalten. Mitglieder vom BVOU, VLOU und DGOU zahlen 200 Euro, Nichtmitglieder 350 Euro. Interessenten wenden sich bitte direkt an den Geschäftsführer des BVOU, Dr. med. Jörg Ansorg (ansorg@bvou.net). Details zum Inhalt des Mastertrainerkurses finden Sie im nachfolgenden Link.
Sabine Rieser
Seminar für Strukturierte Weiterbildung in O und U