Seit circa 15 Jahren haben sich unter Ultraschall gesteuerte Injektionen etabliert. An der Wirbelsäule können damit mittlerweile alle Regionen, also HWS, BWS und LWS bedient werden. Dabei können cervical die Facettengelenke, die Medial Branches und die Spinalnerven therapiert werden. Diese Verfahren bieten sich sowohl zu therapeutischen Zwecken als auch teilweise zur Diagnostik an.
Seit den 80-iger Jahren gilt die Fluoroskopie als Goldstandard der unter Bildgebung assistierten interventionelle Verfahren an der Wirbelsäule entwickelt. In den letzten 15 Jahren gewinnen Verfahren unter sonographischer Steuerung an Bedeutung.
Insbesondere bei den Schmerzspezialisten in den USA wurde diese Entwicklung vorangetrieben.
Dabei konnten sich Injektionen sowohl im Bereich der Lendenwirbelsäule, der BWS und der HWS etablieren.
In diesem Abschnitt soll speziell auf die Techniken an der HWS eingegangen werden. Die anatomisch relevanten Strukturen befinden sich nur in einer Tiefe von 2 – 3 cm, so dass diese sehr gut mit einem hochauflösenden linearen Schallkopf dargestellt werden können.
Bei sämtlichen Eingriffen sind eine Hautdesinfektion, ein steriler Überzug des Transducers und die Applikation eines sterilen Sonogels zu empfehlen. Ausnahmsweise kann auch die alleinige Alkoholsprühdesinfektion durchgeführt werden, dann muss die No-touch Technik berücksichtigt werden.
An der HWS werden in der Regel hochauflösende Frequenzen zwischen 8 und 12 Megahertz mit einem linearen Schallkopf verwendet, da die wesentlichen Strukturen sich in einer Tiefe von 2 – 3 cm gefunden werden.
Durch Farb- bzw. Powerdoppler ist können beim Eingriff die Gefässe an der HWS wie die Arteria vertebralis und carotis dargestellt werden. Hierdurch können Gefäss – und Nervenstrukturen umgangen werden. Nachteilig wirkt sich aus, dass eine versehentliche Punktion nicht dargestellt werden kann, dies ist dagegen unter BV mit Kontrastmittel möglich.
Mittels der In-Plane Darstellung wird die Nadel im Längsverlauf des sonographischen Schnittes geführt. Die Injektionskanüle und die Zielstruktur werden in einer Schicht dargestellt, dabei erfolgt die Punktion in einer Realtime – Darstellung. Der optimale Eintrittspunkt der Nadel ist von der Tiefe der zu erreichenden Struktur abhängig.
Die Out-of-Plane Technik bezeichnet die Nadelinsertion mittig quer zum Ultraschallkopf auf der Längsseite. Die Nadel kann dabei nur als Punkt dargestellt werden.
Anatomie/Sonoanatomie
Die wichtigsten Strukturen, welche sonographisch an der Halswirbelsäule erreicht werden können, sind neben den Facettengelenken, der sogenannte Medial Branch und der Spinalnerv der einzelnen Segmente.
Diese Strukturen und die Lokalisation sollen im Folgenden näher erläutert werden.
In der Longitudinalebene, lateral längs zur Halswirbelsäule in Verlängerung zum Mastoid, können ventral gut die Processi transversi dargestellt werden.
Verschiebt man den Transducerkopf etwas nach dorsal, so werden die Massa lateralis und die sogenannte Facettengelenkslinie sichtbar (Bild 1). Die Facettengelenke sind im Bereich der Anhebungen und der Medial Branch im Bereich der Absenkungen lokalisiert.
In diesem Schnitt kann das betreffende Segment bestimmt werden. Direkt cranial des Facettengelenkes C2/C3 kommt es zu einem steilen Abfall der Gelenklinie, da das nächste Facettengelenk C1/C2 deutlich verschoben zur Mittellinie liegt (Bild1). Dieser Abfall der Gelenklinie identifiziert die Wirbel C1 und C2 .
Die Spinalnerven cervical sind auf den Höhen C5, C6 und C7 häufigsten betroffen. Der Spinalnerv C8 kann auf Grund der umgebenden ossären Strukturen eingeschränkt abgebildet werden.
Deutlich kann in der Transversalebene auf Höhe des Ringknorpels der Prozessus transversus von C6 dargestellt werden, dabei bildet sich dieser mit einem prominenten anterioren und kleineren posterioren Tuberkel aus (Bild4). Auf Höhe C5 ist der Prozessus transversus kelchartig, während auf Höhe C7 nur der dorsale Tuberkel als langsam ansteigende Linie prominent ist.
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Der Pfeil markiert das Facettengelenk C2/C3. Beachte den Abfall
der Gelenkpfeilersilhouette von C2. Caudal des Facettengelenks ist
im Tal der Massa lateralis der Medial branch C3 lokalisiert.
Benötigtes Equipment:
- Ultraschallgerät mit planarem Ultraschallkopf. Frequenz zwischen 8 und 12 Megahertz.
- Möglichkeiten der Farbdoppler – bzw. Powerdopplersonographie.
- Steriler Ultraschallkopfbezug, steriles Ultraschallgel.
Materialien:
Nadeln:
- Nadeln mit kleinem Durchmesser (23G bis 26G), Länge 60 – 80 mm.
- Hautdesinfektionsmittel, ohne Jod.
- Sterile Handschuhe.
- Mindestens 2 Spritzen mit 2 bzw. 5ml.
- Überleitungsröhrchen
- Venöse Verweilkanüle.
- Physiologisches Monitoring mit Blutdruckmessung, EKG und Pulsoxymetrie.
Injektionsmedikamente:
Lokalanästhetika:
- Bupivacain, 0.25% bis 0.5%
- Ropivacain, 0.2% bis 0.75%
- Lidocain, 1% bis 2%
Steroide wasserlöslich
- Betamethason, 6 bis 18mg
- Triamcinolon, 20 bis 80mg
- Dexamethason, 8mg
1 Durchführung der Intervention am Medial Branch cervical
Der Patient ist in Seitenlage, so dass die zu therapierende Seite oben ist. Das Ultraschallgerät ist gegenüber platziert. Es erfolgt zunächst die Darstellung der Artikularpfeiler in Längsachse der HWS. Es können sowohl die Facettengelenke (Erhebungen) sowie der Verlauf der Medial Branches in den Absenkungen der lateralen Gelenkpfeiler identifiziert werden. Das Tal des Gelenkpfeilers zeigt sich in der Regel echoreich, ist jedoch etwas kontrastärmer in der Darstellung als die Erhebung mit dem Gelenkspalt. Die Bestimmung des betreffenden Segmentes erfolgt wie oben dargestellt. Bei korrekter Einstellung ist der Weg zum Zielpunkt kurz.
Die Nadel inseriert nach Identifikation der notwenigen Höhe und des Targets in posteriorer Technik mit Orientierung nach anterior in Out-of-Plane Schallkopfposition die Haut. Danach wird der Ultraschallkopf um 90° in In-Plane Position gebracht. So kann sicher der Gelenkpfeiler erreicht werden (Bild2).
Dann erfolgt die Injektion des Medikamentes, dieses zeigt sich echoarm. Mittels Powerdoppler kann der Flow dargestellt werden.
Die posteriore Technik hat den Vorteil, dass die anterior des Gelenkpfeilers liegenden Strukturen, Spinalnerven und Vertebralarterie, auch bei zu flachem Winkel nicht erreicht werden, da diese mehr median liegen. Bei zu steilem Winkel wird der posteriore Raum erreicht.
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2 Durchführung der Intervention an den cervicalen Facettengelenken perikapsulär
Die Facettengelenke selbst können unter Ultraschall auch von dorsal in einer In-Plane Technik erreicht werden. Dabei entspricht das Vorgehen der Injektion am Medial Branch mit dem Unterschied, dass das Target die Erhöhung in der Gelenkpfeilerreihe bei Längsausrichtung des Sonokopfes zur HWS ist.
Nach dem das Zielgelenk identifiziert ist wird der Ultraschallkopf um 90° gedreht, das Zielgelenk zeigt sich relativ oberflächlich und abgerundet im Vergleich zu den tiefer liegenden Gelenkpfeilern (Bild3). Der Ultraschallkopf kann dann etwas nach ventral verschoben werden, so dass das Zielgelenk näher an den Nadeleintrittspunkt rückt. Die Nadel wird inseriert und in einer leicht antero-medialen Richtung an den Gelenkspalt geführt.
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3 Durchführung der Intervention am cervicalen Spinalnerv
Der Patient liegt auf der Seite. Die zu behandelnde Seite ist oben. Das Ultraschallgerät ist wiederum gegenüber dem Operateur platziert. Es erfolgt die Höhenorientierung wie oben in der Tansversalebene in Höhe C6 (Ringknorpel). Das Target ist der Prozessus transversus C6. Dieser zeigt typischer Weise einen prominenten anterioren Tuberkel und kleineren posterioren Fortsatz. Echoarm stellt sich dazwischen der Spinalnerv dar (Bild4).
Der Targetpoint ist oberhalb des posterioren Tuberkels ca. 5 mm dorsal des Spinalnerven lokalisert. Ein Vorschieben bis über den Spinalnerven sollte bei der dort laufenden Arteria radicularis vermieden werden. Eine Verwendung des Doppler am Ultraschallgerät kann hier die Sicherheit verbessern.
Nach dem das Ziel identifiziert ist, wird die Nadel von posterior – lateral inseriert und in einer leicht antero-medialen Richtung über den posterioren Fortsatz geführt. Ist die Zielregion erreicht, kann das Medikament appliziert werden. Es zeigt sich dann eine fast echofreie Zone um den Spinalnerv. Für C5 und C7 wird der Transducer nach cranial bzw. caudal in der gleichen Ebene verschoben. Bei C7 empfiehlt sich der Doppler um eindeutig die Arteria vertebralis, welche hier vor dem Spinalnerven frei läuft, darzustellen.
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C6. Gut sichtbar sind das vordere und hintere Tuberkel des Prozessus
transversus C6 sowie der Spinalnerv C6.
Komplikationsmöglichkeiten:
Betreffend die Injektion an die cervicalen Facettengelenke, die Medial Branches und der Spinalnerven besteht ein geringes Risiko für eine Nervenverletzung bzw. Hämatombildung. Für letztere Indikation kann mit der Sonografietechnik eine Punktion der Art. spinalis vermieden werden. Infekte wurden durch den Autor noch nie beobachtet.
Evidenzen:
Seitens der Halswirbelsäule liegen insbesondere für die Injektion am Medial Branch gute RCT-Studien vor. Hervorzuheben ist hier die Studie [1] von Siegenthaler at al, in welcher auf sämtlichen Höhen der Intervention, einschliesslich des 3. Occiptalnerven, ein randomisierter Vergleich zwischen Ultraschall und Fluoroskopie durchgeführt wurde. Es konnte dabei eine gleiche Erfolgsquote bei geringerer Performancezeit für die Ultraschallintervention feststellt werden.
Thonnagith [2] zeigte 2016 in einem Review auf, dass eine hohe Trefferquote bei sämtlichen Medial Branches, ausschliesslich C7, erzielt werden kann.
In RCTs konnte bezüglich der Nervenwurzelinjektion eine gleich gute Wirksamkeit der Sonografie gesteuerten Technik gegenüber der Bildwandler gesteuerten Technik nachgewiesen werden [3].
Literatur auf Anfrage bei der Redaktion
Autor:
Dr. med. Martin Legat
Chefarzt Schmerz Zentrum Zofingen
Schmerz Zentrum Zofingen
Hintere Hauptgasse 9
CH – 4800 Zofingen