Berlin – Mindestens 2,5 Millionen Kunstgelenke werden jährlich weltweit in Knie und Hüfte eingesetzt. Um die Arbeitsabläufe effektiv durchzuführen, muss jeder Handgriff sitzen. Eine neue Studie der Universitätsmedizin Leipzig hat nun untersucht, wie Operationen optimal gestaltet werden können. Und wie Operationssäle eingerichtet sein müssen, damit effizient gearbeitet werden kann.
Mithilfe von 3D-Darstellungen kann das Klinikpersonal prüfen, wie die Abläufe im OP-Saal verbessert werden könnten.
Es geht um die Körperhaltung der Ärzte und Assistenten, die Dauer der Operation und eine effektive Anordnung des medizinischen Equipments. Passt das alles zusammen, verläuft eine Operation effizient und schont auch noch die Gesundheit des Personals. Doch an welchen Stellschrauben muss gedreht werden, welche Abläufe kann man optimieren, damit eine Operation für alle Beteiligten ideal verläuft? Um das herauszufinden, haben sich Informatiker vom Innovationszentrum für Computerassistierte Chirurgie (ICCAS) der Medizinischen Fakultät zusammen mit Medizinern und Ärzten vom Universitätsklinikum Leipzig (UKL) konkret die Abläufe bei Operationen von Koxarthrose und Gonarthrose angeschaut. Bei diesen Eingriffen werden erkrankte Gelenkteile in der Hüfte und im Knie mit Kunstgelenken, sogenannten Endoprothesen, ersetzt.
2016 begann das Team um die Medizininformatikerin Juliane Neumann mit der Datenerfassung. Hierfür wurden Hüft- und Knieoperationen an der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und plastische Chirurgie aufgezeichnet und analysiert. „Da sich die Raumaufteilung auf die chirurgischen Abläufe, die Körperhaltung der Mitarbeitenden sowie die Zusammenarbeit auswirkt, bietet unsere Studie Vorschläge zur Reduktion der Operationsdauer und der Effizienzerhöhung bei der Übergabe der chirurgischen Instrumente, welche eine Verbesserung der operativen Prozesse mit sich bringt”, so ICCAS-Studienleiterin Juliane Neumann. Vorangegangene Studien wiesen bereits den Zusammenhang zwischen Arbeitsablauf und Ausstattungslayout nach. Momentan entspricht die Einrichtung von OPs häufig entweder den Präferenzen der leitenden Chirurgen, des Pflegepersonals oder den Richtlinien der Klinik. Doch das ist nicht immer effektiv. Anhand grafischer 3D-Darstellung der OPs kann das klinische Personal nun Vorschläge zur Gestaltung einfließen lassen. Anschließend werden die Vorschläge mit Hilfe computergestützter Prozesssimulation hinsichtlich ihrer Effizienz und Ergonomie überprüft.
Erste Veränderungen im OP-Saal führten direkt zu Verbesserungen: Das Klinikpersonal bestätigte eine bessere Körperhaltung und eine gute Funktionsfähigkeit der Räume. „Die Übergabe von Instrumenten verlief schneller und ermöglichte eine bessere Handhabung mit weniger Körperrotationen der Chirurgen”, erklärt Studienpartner Prof. Dr. Andreas Roth von der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und plastische Chirurgie, UKL. Die neu konzipierten OP-Setups weisen sowohl in der Simulationsumgebung als auch im intraoperativen Bereich bessere Leistungen auf, nichtsdestotrotz sollten andere Kliniken nicht ohne vorherige Überlegungen und Tests ihren OP umgestalten. Prozessänderungen sind immer vor der Implementierung in der realen Umgebung abhängig. Sie müssen getestet werden, um die Patientensicherheit und die Prozesseffizienz nicht zu gefährden. In nahezu allen Industriebereichen, etwa im Flugverkehr, der Produktion oder Logistik, werden Prozesse simuliert und getestet. Im Klinikalltag ist das jedoch häufig nicht der Fall. Stattdessen werden Änderungen aus der Erfahrung des Personals abgeleitet.
Das ICCAS ist eine Einrichtung der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig und Vorreiter bei der Entwicklung computergestützter Technologien, intelligenter Assistenzsysteme und bildgestützter Interventionen in der Chirurgie. Es bildet die Schnittstelle zwischen klinischen Anforderungen und wirtschaftlicher Umsetzung wegweisender biomedizinischer Technologien nach Medizinproduktegesetz. Ziel ist die Verbesserung von Therapiemethoden und Arbeitsabläufen zur Erhöhung der Patientensicherheit und der gesundheitsökonomischen Effizienz. Die aktuelle Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und ist jetzt erschienen.
Quelle: UniLeipzig