Bad Füssing – Am Samstag, den 1. Juli, fand im Orthopädie-Zentrum Bad Füssing das 21. Rheumasymposium statt. Mehr als 100 Ärzte aus ganz Deutschland nahmen teil. Thema waren aktuelle Erkenntnisse aus der Rheumatologie.
Unter der Moderation von Prof. Dr. Matthias Wettstein vom Klinikum Passau, Prof. Dr. Astrid Krückhans, Ärztliche Direktorin der Johannesbad Fachklinik Bad Füssing, Dr. Karl-Heinz Conrad, stellvertretender Vorsitzender des BVOU-Landesverbandes Bayern, sowie Dr. Adalbert Selhofer, Leitender Oberarzt der Physikalischen Abteilung des Landeskrankenhausees Salzburg, wurden neue Erkenntnisse für Ärzte und auch Patienten vorgestellt.
Wechselwirkungen zwischen Immun- und Nervensystem
Prof. Dr. Winfried Neuhuber, ehemaliger Ordinarius für Anatomie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, referierte über die Zusammenhänge von vegetativem Nervensystem und Immunsystem. Hier bestätigten die experimentellen Ergebnisse der Grundlagenforschung die klinisch schon lange bekannte Erkenntnis, dass Stress ebenso wie Ruhe und Entspannung das Immunsystem wesentlich beeinflussen. Derzeit werde weltweit daran gearbeitet, durch eine apparative Stimulierung des Ruhenervensystems das Immunsystem positiv zu beeinflussen. Dies sei ein völlig neuer Therapieansatz, der möglicherweise Patienten mit gestörter oder verminderter Immunabwehr zukünftig helfen kann.
Schlaf als Schutzfaktor bei chronischen Schmerzen
Dass Patienten mit chronischen Schmerzen häufig Schlafstörungen haben, ist bekannt. Umgekehrt haben aber auch Patienten mit Schlafstörungen vermehrt Schmerzen. „Schlaf stellt einen wichtigen Schutzfaktor vor Schmerzen dar“, berichtete der Schlafexperte Prof. Dr. Stefan Lautenbacher, Leiter des Bereichs Physiologische Psychologie des Instituts für Psychologie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Allerdings gebe es wie so häufig in der Medizin ein Dosisproblem: So könne ein Zuviel an Schlaf womöglich sogar schmerzverstärkend wirken. Von den heute möglichen guten Schlaftherapien werde in der Praxis viel zu selten Gebrauch gemacht.
Moderne Schmerztherapie
Prof. Dr. Karl Messlinger, Ordinarius für Physiologie und Pathophysiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und ein international renommierter Physiologe, erläuterte anschaulich die äußerst komplexen Wechselwirkungen zwischen entzündeten Gelenken und dem Schmerzsystem. Der bei Ärzten und Patienten beliebte Begriff des Schmerzgedächtnisses vereinfache diese Zusammenhänge viel zu sehr. Heute könne man bereits viele Botenstoffe isolieren, welche die Schadensmeldung, die Nervenleitung und die Zellmembranen bleibend verändern. Diese Botenstoffe gezielt zu hemmen oder zu blockieren, sei die Therapie der Zukunft, an der Labors weltweit intensiv forschen. Statt Schmerzmitteln würden in das Immunsystem eingreifende Substanzen zum Tragen kommen. Auch hier werde die Gentechnologie Einzug halten.
Bewegung: Kleine Belastung, großer Effekt
Ebenfalls eine Binsenweisheit ist der gesundheitsfördernde Einfluss von Bewegung. Prof. Dr. Klaus Pfeifer, Leiter des Lehrstuhls für Sportwissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Mitverfasser der nationalen Versorgungsleitlinien für Bewegung und Bewegungsförderung, konnte konkrete Hinweise für die Dosierung und Art der notwendigen Bewegung geben: Mindestens 150 Minuten mäßig intensive Bewegung in der Woche seien erforderlich. Außerdem erläuterte er, dass – anders als bei Herz-Kreislauferkrankungen und bei dem Versuch abzunehmen – Trainingseinheiten von bereits zehn Minuten wirksam seien. So hätten speziell bei Älteren und Kranken bereits minimale Belastungen erhebliche therapeutische Effekte.
Medikamentöse Rheuma-Therapie
Den Abschluss übernahm der Chefarzt der Rheumaklink Ostbayern in Bad Füssing, Dr. Sebastian Schnarr. Er konnte die rasante Entwicklung der medikamentösen Therapie bei rheumatischen Erkrankungen in den letzten 15 Jahren mit eindrucksvollen Ergebnissen belegen. Während früher die Vermeidung eines Fortschreitens der Gelenkzerstörung als Therapieziel angesehen worden sei, könne jetzt häufig ein Stillstand der Erkrankung erzielt werden. In einigen Fällen seien die eingetretenen Gelenkschäden sogar reversibel. „Wenngleich diese neuen Medikamente äußerst wirksam sind, treten in sehr seltenen Fällen ganz erhebliche Nebenwirkungen auf“, gab Schnarr zu bedenken und warnte deshalb vor dem unkritischen Einsatz der Medikamente.
Autor:
Prof. Dr. Wolfgang F. Beyer
Medizinischer Direktor des Orthopädie-Zentrums Bad Füssing
Initiator und Gastgeber des Symposiums