Schlagwort-Archive: Buchbesprechung

Dr. Helmut Weinhart ist neues SpiFa-Vorstandsmitglied

Salzburg – Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) hat auf seiner Mitgliederversammlung am 30. August 2019 ein fünftes Mitglied in seinen Vorstand gewählt. Herr Dr. Helmut Weinhart, Schatzmeister des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU) wird ab sofort die Arbeit des SpiFa-Vorstandes verstärken.

Dr. Helmut Weinhart, Jahrgang 1958, ist Schatzmeister des BVOU und als niedergelassener Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zudem verantwortlich für das BVOU-Referat ‚Niedergelassene Operateure‘. Daher sieht er seinen thematischen Schwerpunkt an der Schnittstelle ambulant/stationär im SpiFa-Vorstand. „Wir bewerten die Eckpunkte, die im Mai dieses Jahres von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur sektorenübergreifenden Versorgung vorgelegt wurden, kritisch. Eine einseitige Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung ist nicht zielführend und vom teuersten Ende des Versorgungsgeschehens gedacht“, sagte Weinhart nach seiner Wahl in Salzburg. „Der SpiFa hat sich auf seiner Mitgliederversammlung deutlich positioniert und wird in Kürze ein eigenes Konzept veröffentlichen. An der Aufrechterhaltung der Sektorengrenze zwischen ambulanter und stationärer Versorgung haben die Fachärzte grundsätzlich kein Interesse“, so Weinhart weiter.

Quelle: SpiFa

Ist ein Verbrennungsschaden durch Elektrokauter vermeidbar?

Köln – Operativ bedingte Lagerungsschäden sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Dabei bestehen im Arzthaftungsprozess prozessuale Besonderheiten, die schon im Vorfeld im ärztlichen Arbeitsalltag berücksichtigt werden können, um einer nachteiligen Beweisnot im Fall der Fälle zu entgehen.

1.In der Rechtsprechung haben sich in den vergangenen Jahren besondere Gruppen von Arzthaftungsfällen herausgebildet, die im gerichtlichen Verfahren Änderungen der Beweislastregelungen mit sich bringen.

In der deutschen Zivilprozessordnung gilt der Grundsatz, dass derjenige, der einen Anspruch gerichtlich geltend macht, auch den Beweis zu erbringen hat, dass die Anspruchsvoraussetzungen hierzu erfüllt sind. Daher ist es regelmäßig der Patient, der im Arzthaftungsprozess darlegen und beweisen muss, dass ein Behandlungsfehler vorliegt und dieser zu einem bestimmten Schaden geführt hat.

Die Rechtsprechung macht in Arzthaftungsprozessen von diesem Grundsatz aber Ausnahmen, bei denen sie Fallgruppen herausgearbeitet hat, in denen der Patient bestimmte Beweiserleichterungen erfährt:

Die bekannteste Konstellation ist der sog. „grobe Behandlungsfehler“, bei dessen Vorliegen der Arzt darzulegen und zu beweisen hat, dass der festgestellte grobe Behandlungsfehler gerade nicht die Ursache für das eingetretene Schadensbild ist.

Eine weitere Konstellation, in denen es zu einer Beweislastumkehr kommt, stellen die Fälle des sog. „vollbeherrschbaren Risikos“ dar. Dabei handelt es sich um Ereignisse, die ausschließlich aus der Risikosphäre des Arztes herrühren und von diesem vollständig beherrscht werden können. Dies betrifft zum Beispiel das Funktionieren medizinisch-technischer Geräte. Denn der Arzt bzw. das Krankenhaus kann (und muss) sicherstellen, dass technische Geräte stets in einwandfreiem Zustand sind.

Schäden, die infolge der Lagerung des Patienten während einer Operation auftreten, werden von den Gerichten ebenfalls hierunter gefasst. Denn der Arzt kann im Vorfeld Risikofaktoren der Lagerung einplanen und in aller Regel ausschalten (BGH Urt. v. 26.09.2017, AZ: VI ZR 529/16; mwN).

Mit dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes im Jahre 2013 hat der Gesetzgeber diese Grundsätze auch gesetzlich geregelt. So heißt es in § 630h Abs. 1 BGB:

Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

Hat der Patient also einen Schaden erlitten aufgrund eines Umstandes, der ausschließlich in der Risikosphäre des Arztes liegt, wird das Vorliegen eines Behandlungsfehlers vermutet. Dann ist es der Arzt, der darzulegen und zu beweisen hat, dass kein Behandlungsfehler vorliegt!

Für die Lagerungsschäden bedeutet dies konkret: Der Patient muss beweisen, dass er einen Schaden erlitten hat und dieser infolge der Lagerung entstanden ist. Der Arzt muss beweisen, dass die Lagerung korrekt gewesen ist. Gelingt dieser Beweis nicht, haftet der Arzt für den eingetretenen Schaden.

Kommen aber für den bei dem Patienten eingetretenen Schaden noch andere, alternative Ursachen in Betracht, kann sich der Arzt hierauf zu seinen Gunsten berufen. Erst wenn der Patient zweifelsfrei nachgewiesen hat, dass ausschließlich die Lagerung Ursache für den Schaden ist, hat der Arzt die korrekte Lagerung nachzuweisen (OLG Düsseldorf Urt. v. 20.09.2007, AZ: I 8 U 10/07).

2. Mit einem besonderen Fall musste sich im Jahr 2017 auch der Bundesgerichtshof (BGH) befassen (BGH Urt. v. 26.09.2017, AZ: VI ZR 529/16). In diesem Verfahren ging es um einen Patienten, der unter der Anwendung eines Elektrokauters erhebliche Verbrennungen erlitten hatte. Die ersten Instanzen hatten die Klage noch abgewiesen, da als Ursache auch nicht-vollbeherrschbare Umstände, nämlich eine für die Ärzte nicht zu kontrollierende Feuchtigkeitsansammlung unter der Abdeckung, in Betracht kam (vgl. OLG Hamm Urt. v. 04.11.2016, AZ: 26 U 67/13). Damit habe der Patient letztlich nicht bewiesen, dass die Schädigung ausschließlich auf die Lagerung zurückzuführen sei. Dieser Bewertung hat der BGH eine Absage erteilt. Denn es läge so oder so ein Fall des vollbeherrschbaren Risikos vor. Bei dem Einsatz des Elektrokauters habe man die Verletzungen ebenfalls durch entsprechende Maßnahmen sicher vermeiden können.

Der Arzt kann die Vermutung, dass die Lagerung fehlerhaft gewesen ist, mit den im Zivilprozess üblichen Beweismitteln entgegentreten. Hierbei bieten sich insbesondere das Sachverständigengutachten sowie die Aussagen von Zeugen, bspw. des OP-Personals, an. Eine besondere Bedeutung kommt auch den Krankenunterlagen zu, denn diese bieten oftmals den ersten Anhaltspunkt für das konkrete Geschehen im Operationssaal und können selbst als Beweismittel herangezogen werden. Ergibt sich die Art der Lagerung aus den allgemein anerkannten Standards, ist eine schriftliche Dokumentation meist unüblich, aber dennoch sinnvoll. Unbedingt erforderlich ist die Dokumentation der Lagerung aber immer dann, wenn verschiedene Arten der Lagerung in Betracht kommen oder aus bestimmten Gründen von einer üblichen Lagerung abgewichen werden muss bzw. wenn während der Operation Änderungen vorgenommen werden (BGH Urt. v. 24.01.1984, AZ: VI ZR 203/82). Eine kurze, schlagwortartige Beschreibung der Lagerung sollte daher stets schriftlich im OP-Bericht festgehalten werden.

3.Bestimmte, mit der notwendigen Lagerung einhergehende Risiken sollten zudem auch immer im Aufklärungsgespräch mit dem Patienten angesprochen werden. Die Inhalte des Gespräches sind dann auch schriftlich – zumindest in Stichpunkten oder unter Verwendung von Aufklärungsbögen – zu dokumentieren.

Für die eigene Rechtsposition nachteilige Vermutungen auszuräumen, ist im Prozess nicht immer einfach. Je umfassender und ausführlicher die zur Verfügung stehenden Beweismittel aber sind, umso besser ist die Beweislage. Was zählt, ist immer die Situation im jeweiligen Einzelfall. Kann der Arzt bei einem Lagerungsschaden beispielsweise nachweisen, dass bei dem Patienten eine im Vorhinein nicht erkennbare Anomalie vorlag, gelingt ihm die Entlastung von der Vermutung (BGH, Urt. v. 24.01.1995, AZ: VI ZR 60/94). Daher ist eine sorgfältige Dokumentation und Erfassung der Parameter von großer Bedeutung.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass bei dem Eintritt von operativ bedingten Lagerungsschäden regelmäßig ein ärztlicher Behandlungsfehler vermutet wird und der Arzt sich durch Beweisführung von dieser Vermutung entlasten muss. Daher ist eine Dokumentation der Lagerung, zumindest in kurzen Stichpunkten zwingend erforderlich. Dies gilt erst recht, wenn verschiedene Lagerungsmöglichkeiten in Frage kommen oder sonstige Patienten bezogene Besonderheiten bestehen.

Dr. Albrecht Wienke

Fachanwalt für Medizinrecht Wienke & Becker – Köln Sachsenring 6

50677 Köln

„Newsletter 6/2019 von Thieme Compliance. Erschienen bei Thieme Compliance GmbH, Am Weichselgarten 30a, 91058 Erlangen, www.thieme-compliance.de.“.

Buchbesprechung: 55 Fälle Osteologie

Heidelberg – Sie interessieren sich für Knochen(stoffwechsel)? Kennen das IBMPFD-Syndrom nicht? Und lesen lieber knappe, präzise Falldarstellungen anstelle langatmiger Lehrbuchkapitel? Dann sind Sie bei diesem Buch gut aufgehoben. Denn die Autoren dieses Vielmänner-/Frauenbuchs ist es gelungen, aus dem weiten Gebiet osteologischer Erkrankungen anhand von Einzelfalldarstellungen häufig anzutreffende bis exotische Krankheitsbilder kurz und prägnant darzustellen. Fundiert und kompakt erläutern die Autoren das Vorgehen von der Anamnese über die klinische Untersuchung bis hin zu Diagnosestellung, schildern adäquate Therapiestrategien und geben Hinweise auch zum weiteren Monitoring. Die einzelnen Fälle sind untergliedert in Einleitung, Anamnese, Klinik, Diagnostik (Labor und Bildgebung), Diagnose, Therapie und Verlauf, Ergebnis und weiteres Monitoring sowie eine kurzgefasste Synopsis und schließen mit einem jeweils aktuellen Literaturverzeichnis ab.

Sie umfassen angeborene, erworbene lokale und systemische Erkrankungen und bieten einen kurz und knapp gefassten, immer anschaulichen Einblick in die abgehandelten Krankheitsbilder. Die einzelnen Falldarstellungen lesen sich spannend (hätten Sie’s gewusst?). Es ist ein leicht zu lesender, wertvoller Helfer für osteologisch interessierte Ärzte unterschiedlichster Fachrichtungen wie z.B. Orthopäden/Unfallchirurgen, Internisten, Rheumatologen, Endokrinologen, Gynäkologen, Radiologen, Allgemein-Mediziner, Onkologen und Pädiater.

Eine empfehlenswerte Lektüre.

Prof. Dr. Bernd Fromm (Heidelberg)

Kompaktes Übersichtswerk der Alterstraumatologie

Trier – Die Alterung der Bevölkerung nimmt kontinuierlich zu. Die Lebenserwartung hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Somit hat die Alterstraumatologie in unserem Fach Orthopädie und Unfallchirurgie eine zunehmende Bedeutung. Im klinischen Alltag hat sich die Zusammenarbeit mit einem Geriater etabliert.

Die Behandlungsziele sind das Erreichen einer schnellstmöglichen Mobilisation unter Vollbelastung und die Rückführung des Patienten in den Status quo ante zu erreichen. Für die Umsetzung dieser Ziele ist ein Behandlungsteam aus Unfallchirurg, Anästhesist, Geriater, Gesundheits- und Krankenpfleger, Physiotherapeut, Ergotherapeut, Sozialarbeiter und Osteologe erforderlich.

Das vorliegende Buch richtet sich an alle diese Beteiligten im therapeutischen Team.

Es ist praxisnah orientiert aufgebaut. Einleitend wird der aktuelle Wissensstand von Knochen- und Muskelschwund, sowie der Demenz zusammengefasst. Dann geht es im praktischen Teil über Ernährung, der perioperativen Betreuung, operativen Versorgung typischer Verletzungen bis zur geriatrischen Nachbetreuung.

Abschließend werden alltagsrelevante Fallbeispiele vorgestellt. Zur kritischen Diskussion auf den jeweiligen Fall bezogen regen die anschließenden Fragen und Antworten an.

Damit wird dieses gut strukturierte und auf das im Alltag wesentliche komprimierte Fachwissen abgerundet.

Die Herausforderungen der Unfallversorgung geriatrischer Patienten nehmen zu. Eine Zertifizierung oder Zentrumsbildung für Alterstraumatologie erfordert die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Evaluation derartiger Versorgungskonzepte ergab, dass sich die Krankenhaussterblichkeit reduzierte. Auch die Liegezeit auf der Intensivstation konnte reduziert werden.

So gibt dieses Buch Hilfestellung, die eigenen klinischen Strukturen und Abläufe in der stationären unfallchirurgischen Versorgung geriatrischer Patienten zu überprüfen und somit zu verbessern.

Friedrich Nietzsche formuliert es treffend: „Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen, auf denen wir höher steigen.“ Nicht nur wir als Behandelnde entwickeln uns und steigen höher, auch die Qualität unserer täglichen Arbeit. Die Voraussetzung dazu ist aber, dass wir die Hindernisse und Schwierigkeiten im Alltag erkennen.

Ich empfehle dieses Buch für den klinischen Alltag als kompaktes Übersichtswerk der Alterstraumatologie.

Dr. Arne-Björn Jäger, Trier