Berlin/ Speyer – Dr. Thomas Möller, DKOU-Kongresspräsident 2019 für den BVOU, ist in Speyer im Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie niedergelassen und behandelt dort sowohl konservativ als auch operativ. Beim Berufsverband war er langjähriger Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz. Derzeit hat er das Amt des stellvertretenden Landesvorsitzenden und des Bezirksvorsitzenden in der Pfalz inne. Was ihm beim DKOU 2019 besonders am Herzen liegt, erläutert er im Gespräch.
Herr. Dr. Möller, das diesjährige Kongressmotto heißt „Wissen braucht Werte“. Warum dieses Motto und was bedeutet es für Sie?
Dr. Thomas Möller: Ein Kongressmotto ist immer auch ein Plädoyer oder eine Situationsbeschreibung. Der Satz „Wissen braucht Werte“ ist vielschichtig. Als Ärzte müssen wir auf dem neuesten Stand des medizinischen Wissens sein. Das erwarten unsere Patienten und dazu sind wir verpflichtet. Weil wir Teil einer Wertschöpfungskette sind, schaffen wir damit auch tatsächlich Werte. Das Kongressmotto hat aber auch eine ethische Dimension, die nicht minder wichtig ist. Vertrauen, Verantwortung und Empathie sind die zentralen Werte unserer Arbeit und Grundlage jeder Arzt-Patientenbeziehung. Das dürfen wir nicht vergessen. Mir ist dabei vor allem der verantwortungsvolle Umgang mit dem medizinischen Fortschritt wichtig. Wir müssen immer wieder abwägen, was die beste Behandlung für den einzelnen Patienten und seine individuelle Lebenssituation ist. Wir brauchen in O&U also ein wissens- und wertebasiertes Handeln. Darauf zielt das diesjährige Kongressmotto ab.
Es gibt Patienten, die der Ansicht sind, dass sie bei ihrem Arztbesuch zu kurz kommen. Was kann man dagegen tun?
Dr. Möller: Zunächst möchte ich festhalten, dass wir jeder Patientin und jedem Patienten mit unserer ganzen Aufmerksamkeit und Wertschätzung begegnen sollten. Sie sind krank und vertrauen auf unsere Hilfe. Aber wir haben in unserem Gesundheitssystem auch das Problem, dass die sprechende Medizin sehr viel schlechter honoriert wird als technische Leistungen oder Interventionen. Das gilt auch für die konservative Orthopädie. Die Behandlung einer Patientin oder eines Patienten wird pro Quartal nicht viel besser vergütet als ein guter Haarschnitt. Eine konservative Behandlung verlangt aber weitreichende Kenntnisse und eine enge Führung des Patienten. Das muss dann auch entsprechend honoriert werden, was derzeit nicht der Fall ist.
Inwiefern findet sich diese Debatte im Kongressprogramm des DKOU 2019 wieder?
Dr. Möller: Diese Debatte wird sicher immer wieder Thema des DKOUs sein, aber es gibt auch einige Sitzungen, die sich explizit damit beschäftigen werden. So werden Vertreter des Jungen Forums O&U am Mittwoch, den 23. Oktober 2019, über die nötigen Soft Skills für ein wissens- und wertebasiertes Handeln in unserem Fach reden. Eine Sitzung am Donnerstag, den 24. Oktober 2019, wird sich mit der Zukunft von O&U beschäftigen und an dem selben Tag werden wir mit einer eigenen Sitzung auch einen Blick über den Tellerrand werfen. Wie im vergangenen Jahr wird auch die Digitalisierung wieder Thema sein, etwa in Form der elektronischen Patientenakte. Wir brauchen die Digitalisierung, aber die Daten müssen sicher sein und die Verantwortung für Diagnostik und Therapie dürfen nicht an einen Algorithmus delegiert werden. Die persönliche Zuwendung muss integraler Bestandteil der Behandlung bleiben. Für mich – und das gilt natürlich auch für meine Kopräsidenten –, war sehr wichtig, dass sich alle Kolleginnen und Kollegen in dem Kongressprogramm wiederfinden werden, sowohl die niedergelassenen als auch die klinisch tätigen Kolleginnen und Kollegen.
Welche Themenaspekte sind Ihnen besonders wichtig?
Dr. Möller: Neben den berufspolitischen Themen, die mir als Kongresspräsident für den BVOU am Herzen liegen, interessieren mich natürlich auch die Fortschritte zu den Krankheitsbildern, die ich täglich selbst behandele. Etwa zum Trochanterschmerz, zu den Tendopathien, den Kreuzbandverletzungen oder den Knorpelregenerationsverfahren und nicht zuletzt zur Altersorthopädie und Alterstraumatologie – um nur einige zu nennen.
Haben Sie durch den VSOU-Kongress, den Sie jährlich als Vorsitzender der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen verantworten, schon Routine in Sachen Kongressorganisation und -durchführung?
Dr. Möller: Ja und Nein! Vom VSOU kenne ich die logistischen, administrativen und repräsentativen Pflichten eines großen Kongresses. Der VSOU ist mit rund 3000 Fachbesuchern immerhin der zweitgrößte Kongress für O&U im deutschsprachigen Raum. Als Kongresspräsident des DKOU 2019 konnte ich jetzt auch das wissenschaftliche Programm mitgestalten. Das ist etwas Neues für mich gewesen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle auch bei meinen beiden Kopräsidenten und den Kongresssekretären für die außerordentlich gute Zusammenarbeit bedanken. Wir haben ein sehr gutes Programm zusammengestellt. Überzeugen Sie sich selbst und kommen Sie nach Berlin.
Was ist für Sie die größte Herausforderung beim DKOU 2019?
Dr. Möller: Sicher die größere Dimension. Der DKOU ist mit seinen knapp 11.000 Teilnehmern einer der größten wissenschaftlichen Kongresse in Europa. Wir haben durch die Gastländer – in diesem Jahr sind es Kanada und Italien – auch eine hohe internationale Sichtbarkeit, die wir ja auch weiter ausbauen wollen. Auf der anderen Seite wollen wir allen Kolleginnen und Kollegen gerecht werden. Das ist nicht immer einfach. In den vergangenen Jahren konnten wir zum Beispiel beobachten, dass die Zahl der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, die zum Kongress gekommen sind, leicht zurückgegangen ist. Es ist mir ein persönliches Anliegen, diesen Trend mit einem ausgewogenen Kongressprogramm umzukehren. Ich hoffe, dass uns das gelingen wird.
Worüber und worauf freuen Sie sich am meisten?
Dr. Möller: Ich freue mich besonders auf die vielen Begegnungen und Gespräche. Ich hoffe, dass wir lebhaft über die Entwicklungen und Herausforderungen unseres spannenden Faches diskutieren werden. Wir brauchen eine breite Debatte. Der DKOU ist genau das richtige Forum dafür. Und ich freue mich natürlich auch auf das attraktive Rahmenprogramm, das den DKOU jedes Jahr zu einer ganz besonderen Veranstaltung macht. Letztlich ist dieser informelle Austausch ja auch ein wichtiger Grund nach Berlin zu kommen.
Herr Dr. Möller, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Janosch Kuno, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BVOU
Dr. Thomas Möller studierte von 1979 bis 1986 an den Universitäten Münster und Würzburg Medizin und promovierte 1986 an der Orthopädischen Klinik König-Ludwig-Haus in Würzburg über juvenile Knochenzysten. Möller war danach an verschiedenen chirurgischen und orthopädischen Kliniken tätig, unter anderem am Kreiskrankenhaus in Tauberbischofsheim, den Bundeswehrkrankenhäusern Wildbad und Gießen sowie an der Klinik Hohenlohe in Bad Mergentheim, dem Royal Berkshire Hospital in Reading (England) und der Orthopädischen Klinik Kassel. Möller erhielt 1993 seine Facharztanerkennung Orthopädie. Seit 1993 ist er Facharzt für Sportmedizin und Chirotherapie, seit 2006 für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie seit 2008 für Akupunktur und Teilradiologie. Bis Mai war Dr. Möller 1. Vorsitzender der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen (VSOU) und Herausgeber der Orthopädischen und Unfallchirurgischen Praxis (OUP). Möller ist beratender Facharzt der KV, Mitglied der VV der Bezirks- und Landesärztekammer und Prüfarzt für den Facharzt Orthopädie und Unfallchirurgie. Er hält regelmäßig wissenschaftliche und berufspolitische Vorträge bei den Kongressen in Baden-Baden und Berlin und hat den Vorsitz wissenschaftlicher Sitzungen inne. |