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Pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) in der orthopädisch- unfallchirurgisch-schmerztherapeutischen Praxis

Ein narrativer Überblick über aktuelle systematische Übersichtsarbeiten
und Metaanalysen

Die Pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) ist in verschiedenen Varianten eine häufig anzutreffende Therapieform in der konservativen orthopädischen-unfallchirurgisch-schmerztherapeutischen Behandlung. Über Applikatoren in Form von meistens Spulen oder auch Matten oder Handgeräten wird die zu behandelnde Körperregion einem schwachen Magnetfeld unterzogen, dies mit einer pulsierenden Applikation mit unterschiedlicher Frequenz, Impulsverhalten und Feldstärke. Die Therapie gilt allgemein als gutverträglich, als Kontraindikationen gelten im Wesentlichen akute entzündliche Prozesse, Malignome sowie das Vorhandensein von Herzschrittmacher. Diese Therapie ist eine Wahlleistung, in einer Studie über das Angebot an Wahlleistungen in orthopädischen Praxen (Grüner und Schott 2016) stand sie mit ca. 50 % an Platz Nr. 5.

Methodik

In einer narrativen Recherche in der Datenbank der Deutschen Zentralbibliothek Medizin (livivo.de) wurde nach systematischen Übersichtsarbeiten mit Metaanalysen zur  Anwendung von PEMF bei Indikationen unseres Fachgebietes unter den Schlagwörtern „electromagnetic field“ AND „meta“ für die Jahre 2015–2022 gesucht. Aus 549 primären Treffern konnten 21 Arbeiten mit für unser Fachgebiet relevanten Übersichtsarbeiten extrahiert und vollständig im Volltext gesichtet werden. Berücksichtigt wurden dann nur Reviews mit Metaanalysen zur PEMF, hinreichende Ergebnisse liegen vor für Gonarthrose, Lumbago und Osteoporose. Für die Anwendung von PEMF bei verzögerter Knochenbruchheilung liegt schon seit 1979 eine FDA-Empfehlung vor, hier konnten weitere fünf Arbeiten identifiziert werden. Auf Grund der Komplexität – auch auf Basis der Anwendungen mit und ohne Operation sowie der artähnlichen Nutzung bei  Endoprothesen und Fusionen – wird dies in dieser Übersicht nicht aufgeführt.

Ergebnisse

1. Arthrose
Insgesamt konnten fünf Übersichtsarbeiten mit Metaanalyse berücksichtigt werden:

  • PEMF versus Placebo bei arthrotischen Veränderungen am Knie, der Hand und der Halswirbelsäule (2018)
  • PEMF versus Placebo bei Gonarthrose (2019)
  • PEMF versus andere Therapien bei Osteoarthrose verschiedener Lokalisationen (2019)
  • PEMF versus andere Therapien bei Gonarthrose (2021)
  • PEMF versus andere Therapien bei arthrotischen Veränderungen an Knie und Hand (2022)

 

Die Analysen erfolgten in der Regel für kurzfristige Zeiträume. Die in den verschiedenen Metaanalysen untersuchten Orginalarbeiten waren nur teilweise identisch, somit handelt es in allen Fällen um unterschiedliche Auswertungen. Im Folgenden sollen die Ergebnisse für Gonarthrose dargestellt werden.

1.1 In der Studie von Wu et al (2018) wurden aus drei Datenbanken zwölf Studien zur Wirkung von PEMF versus Placebo am Knie, der Hand und der Halswirbelsäule extrahiert, hiervon zehn Studien bei Gonarthrose mit insgesamt 634 Probanden. Die Metaanalysen zeigten statistisch signifikante Vorteile für die PEMF hinsichtlich des Schmerzes und der Funktion, meistens erfasst mit dem WOMAC-Score.

1.2 In der Studie von Chen et al (2019) wurden aus vier Datenbanken acht Studien mit 421 Probanden PEMF versus Placebo extrahiert. Analysiert wurden die Schmerzstärke
sowie der WOMAC-Score insgesamt und in seinen drei Subskalen. In allen Analysen zeigten sich tendenziell Vorteile für die Verumtherapie, wobei nur für die Subskala physische Funktion ein signifikanter Unterschied errechnet werden konnte.

1.3 Die Arbeit von Yang et al (2019) PEMF versus andere Therapien bei Osteoarthrose verschiedener Lokalisationen aus sieben Datenbanken umfasste 15 Arbeiten mit Metaanalysen. Behandelt wurden fast 1.100 Probanden, hiervon ca. 900 mit Gonarthrose, der Rest bis auf einen Fall HWS und Hand. Bei neun Studien erfolgte der Vergleich mit Placebo, bei zwei Studien den Vergleich einer oder mehrerer Therapieformen + PEMF / sham-PEMF und bei fünf Studien sonstige Vergleiche. Hinsichtlich der Schmerzreduktion ergaben sich in der Metaanalyse statistisch signifikante Vorteile für die PEMF-Gruppe (alle Indikationen), dies insgesamt sowie für einen Zeitraum von unter 4 Wochen sowie für einen Zeitraum 4-6 Wochen. Die Metaanalyse der Subskala Steifigkeit im WOMAC-Score (nur Kniestudien) zeigte ebenfalls statistisch signifikante Vorteile für die PEMF-Gruppe, ebenso für die Funktion (nur Kniestudien, Subskala Funktion WOMAC-Score oder Lequesne-Index).

1.4 Die Studie von Vigano et al (2021) bei PEMF versus andere Therapien umfasste aus vier Datenbanken 13 Studien mit 914 Probanden. Als Kontrollen fungierten bei neun Studien Placebobehandlungen und bei vier Studien 1–3 andere Therapieformen. Die Schmerzstärke reduzierte sich insgesamt statistisch signifikant stärker durch PEMF als durch die anderen Behandlungen. Die Subgruppenanalyse versus Placebo zeigte ein ähnliches Ergebnis, die Subgruppenanalyse versus andere Therapien zeigte statistisch nicht signifikante Vorteile für die anderen Therapien. Beim WOMACGesamtscore ergaben sich ebenfalls deutliche Vorteile für die PEMF-Gruppe, das Signifikanzniveau wurde hier knapp nicht erreicht, dagegen klare Signifikanz in der Subgruppenanalyse versus Placebo.

1.5 Die Studie von Tong et al (2022) umfasste zehn Arbeiten bei Gonarthrose und eine Arbeit bei Handarthrose aus vier Datenbanken mit insgesamt 564 Probanden. Die Kontrollen bei Gonarthrose umfassten in je fünf Fällen Placebo und andere Therapien, hiervon eine Arbeit Physiotherapie + PEMF versus Physiotherapie versus Sham-PEMF. Insgesamt zeigten sich bei den elf Arbeiten statistisch signifikante Schmerzreduktionen sowie in den WOMAC-Subscores Steifigkeit und Funktion ebenfalls signifikante Verbesserungen zugunsten der PEMF. Eine Analyse hinsichtlich des Schmerzes zeigte klare Signifikanzen versus Placebo, das Signifikanzniveau versus andere Therapien wurde knapp verfehlt. Hinsichtlich der Steifigkeit und der Funktion zeigten sich ebenfalls klare Signifikanzen versus Placebo, versus andere Therapien dagegen nur leichtere Vorteile mit klar verfehlter Signifikanz. Weitere Berechnungen erfolgten in Unterscheidung zwischen hohen und niedrigen Frequenzen. Bezüglich des Schmerzes zeigte sich klare Signifikanzen zugunsten der niedrigen Frequenzen, jedoch nicht signifikante Nachteile für höhere Frequenzen. Bezüglich der Steifigkeit zeigten sich ebenfalls Vorteile mit klaren Signifikanzen für die niedrigen Frequenzen, höhere Frequenzen erreichten hier gerade eben das Signifikanzniveau. Ein ähnliches Bild zeigte sich bezüglich der Funktion, die höhere Frequenzen verfehlten hier knapp die Signifikanz.

2. Lumbago

In einer 2022 erschienenen systematischen Übersichtsarbeiten mit Metaanalyse einzelner Therapieformen konnten 14 Studien mit 618 Probanden aus vier Datenbanken ausgewertet werden. Als Kontrollgruppen dienten eine Placebotherapie (vier Studien), eine allgemeine Pflege ohne weitere Behandlung (eine Studie), sechs Studien Physikalische Therapie mit und ohne PEMF sowie drei Studien Analgetika mit oder ohne PEMF. Hinsichtlich der Schmerzstärke ergaben sich versus andere Therapieformen Vorteile für die PEMF, zunächst knapp ohne Signifikanz bei hoher Heterogenität. Bei Nachanalysen konnte eine Studie als Hauptverursacher isoliert werden, nach Herausnahme dieser Studie zeigte sich dann eine statistische Signifikanz (moderate Heterogenität). Weitere Subanalysen zeigten Signifikanzen von PEMF versus Placebo und geringer auch versus andere Therapien, eine zeitliche Unterscheidung erbrachte Vorteile der PEMF bei akutem Schmerz (knapp nicht signifikant, keine Heterogenität) bei klarer Signifikanz bei chronischem Schmerz. Bezüglich der Funktion zeigten sich Vorteile der PEMF versus Placebo (ohne Signifikanz), gegenüber den anderen Therapieformen zeigten sich keine Unterschiede.

3. Osteoporose

3.1 In der Studie von Lang et al (2022) konnten 19 Arbeiten mit insgesamt 1.303 Probanden aus acht Datenbanken isoliert werden. Drei Studien verglichen PEMF mit Placebo,
vier Studien PEMF mit medikamentösen Standardpräparaten und zwölf Arbeiten eine Standardmedikation mit und ohne zusätzliche Behandlung mit PEMF. Die Metaanalysen zeigten:

  • l umbale und femorale Knochendichte statistisch signifikante Vorteile für die zusätzliche Behandlungen PEMF bei gleichzeitiger Standardmedikation
  • PEMF versus Placebo Vorteile für die PEMF ohne statistische Signifikanz
  • PEMF versus Standardtherapie zeigte Vorteile für die Standardtherapie ohne statistische Signifikanz.

 

Zwei Studien aus der Gruppe der optionalen PEMF referierten ebenfalls Werte zum Wardschen Dreieck am Schenkelhals, hier ebenfalls statistisch signifikante Vorteile für die Kombinationstherapie. Eine Gesamtanalyse zeigte statistisch signifikante Unterschiede mit Vorteilen der PEMF im Vergleich mit Placebo sowie im Vergleich einer  Kombinationstherapie von Standardmedikation und PEMF versus Standardmedikation alleine, der Vergleich PEMF versus Standardmedikation zeigte keine signifikanten Unterschiede.

Bei der sekundären Zielgröße Schmerz ergaben sich statistisch signifikante Unterschiede zugunsten der Kombinationstherapie sowie statistisch signifikante Unterschiede zugunsten PEMF versus Standardtherapie.

3.2 In der Studie von Zhu et al (2022) im Vergleich PEMF versus anderen Therapieverfahren in Bezug auf die Knochendichte mit acht Studien und 411 Probanden aus elf Datenbanken erfolgten zwei- und dreiarmige Vergleiche versus medikamentösen Standardverfahren, Placebo, Lasertherapie, Übungsbehandlungen und Vibrationsplatten. Nach Therapieende konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede gezeigt werden, ebenso hinsichtlich der femoralen Knochendichte. Im direkten Vergleich versus Alendronat zeigten sich nach zwölf und 24 Wochen statistisch signifikante Vorteile für Alendronat bezüglich der lumbalen Knochendichte.

Fazit

Für die pulsierende Magnetfeldtherapie (PEMF) liegen Stufe-IStudien u. a. für die Anwendung bei Gonarthrose, bei Lumbago und bei Osteoporose vor.

Bei der Gonarthrose ergaben sich durchgängig Vorteile für die PEMF beim Schmerz sowie bei der Funktion, vor allem im Vergleich mit Placebo. Die Vergleiche versus andere Therapieformen waren eher uneinheitlich, bei jedoch bei reduzierter Studienlage.

Bei lumbalen Beschwerden ergab sich eine statistisch signifikante Schmerzreduktion im Vergleich mit Placebo und geringer auch im Vergleich mit anderen Therapien. Die Wirksamkeit zeigte sich vor allem bei chronischen Beschwerden, bei akuten Beschwerden wurde das Signifikanzniveau knapp verfehlt. Hinsichtlich der Funktion zeigten sich nicht signifikante Vorteile versus Placebo ohne relevante Unterschiede versus andere Therapien.

Bezüglich der Osteoporose zeigten sich Vorteile hinsichtlich der Knochendichte und der Schmerzreduktion bezüglich einer Kombinationstherapie aus Standardmedikation und PEMF gegenüber der Standardmedikation alleine. Im direkten Vergleich mit anderen Therapieverfahren zeigte sich eine Nicht-Unterlegenheit gegenüber den meisten Verfahren mit Ausnahme von Alendronat.

Insgesamt ergeben sich hiermit für mindestens drei Indikationen für den Einsatz der PEMF mit wissenschaftlich guter Abdeckung. Darüber hinaus sind eine Reihe weiterer Indikationen bekannt, welche in systematischen Übersichtsarbeiten gute Ergebnisse zeigten, für die aber keine hinreichenden Metaanalysen vorliegen.

Literatur beim Verfasser