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Ärzte wehren sich erfolgreich gegen „Zwangslistung“ bei Jameda

Köln – Im Frühjahr dieses Jahres haben drei Gerichte unabhängig voneinander entschieden: Ärzte und Heilpraktiker müssen das ungewollte Anlegen von sogenannten Basis-Profilen auf dem Artbewertungsportal Jameda nicht dulden. Zwei Kammern des Landgerichts Bonn und das Landgericht Wuppertal gaben damit den Klagen zweier Zahnärzte und einer Heilpraktikerin gegen Jameda Recht, die sich wegen der fehlenden Zustimmung zur Nutzung ihrer Daten auf dem Portal auf die Verletzung des Datenschutzrechts berufen hatten[1]. Jameda kämpft allerdings weiter um sein Geschäftsmodell und hat gegen die Entscheidungen Berufung eingelegt.

Ein „Basis“-Profil auf Jameda enthält nicht viel: Name und Adresse des Arztes sowie die Bewertungen von Patienten werden dort veröffentlicht. Ansonsten ist das Profil nichtssagend und leer: Fast alle Felder und Funktionen, die das Portal zur ansprechenden Gestaltung des eigenen Profils anbietet, können nur gegen eine monatliche Zahlung befüllt werden. So bleibt insbesondere das Feld mit dem Portraitfoto frei, stattdessen ist dort nur ein Schattenriss zu sehen. Auch die Homepage der Praxis wird nicht angegeben. Schon gar nicht können Ärzte, die keinen Vertrag mit Jameda haben, „weitere Informationen“ über ihre Leistungen angeben oder Fotos, Artikel oder Videos hochladen. In den freien Feldern finden sich dagegen direkte Anprachen an den Noch-Nicht-Kunden, so z.B.: „Sind Sie Dr. XY? Vervollständigen Sie jetzt Ihr Profil und geben Sie so neuen Patienten einen Eindruck von Ihnen und Ihrer Praxis.“. Bei dem fehlenden Profilbild heißt es: „Dieser Arzt hat leider noch kein Portrait hinterlegt.“ Ein Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit dieser Einträge ist nicht ohne weiteres zu finden. Außerdem wird das Profil noch für Werbung von Drittunternehmen genutzt. Mitten im Basis-Profil findet sich – genau wie an den seitlichen Rändern – Werbung z.B. für Reiseanbieter, Versicherungen oder Banken. Bezahlte „Premium“-Profile können dagegen mit einer Vielzahl von Inhalten bis hin zur Onlinebuchung für Termine bestückt werden, die fast die eigene Praxishomepage überflüssig machen könnten.

Im vergangenen Jahr hatte eine Kölner Hautärztin vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich auf Profillöschung geklagt. Das Gericht war der Ansicht, dass Jameda sich nicht (mehr) neutral verhalte, indem zahlenden Kunden „verdeckte Vorteile“ verschafft würden. Daher durften die Daten der Ärztin nicht ohne ihre Zustimmung verwendet werden. Allerdings: wer sich gegenüber Jameda auf das Urteil berief, wird weiterhin abgewiesen. Jameda hatte im Nachgang zu der Entscheidung einige Änderungen in der Profilgestaltung vorgenommen und meint deswegen, dass Ärzte nun wieder akzeptieren müssten, in dem Portal ungewollt aufzutauchen. Jameda beruft sich darauf, dass das Portal einen Beitrag zur Transparenz im Gesundheitswesen leiste und ein öffentliches Interesse an einer vollständigen Ärztelistung bestünde.

Allerdings kamen die drei mit der Sache befassten Gerichte nun zu dem Ergebnis, dass die Änderungen nicht ausreichten, um Jameda (wieder) die notwendige Neutralität zu verschaffen. Die Kläger hatten vorgebracht, dass die Möglichkeit, das eigene Profil nur gegen Entgelt aufbessern zu können, für den Portalnutzer nicht erkennbar sei und bezahlte Einträge attraktiver als die „Zwangs-Profile“ seien. Weiterhin würde Jameda die ungewollt angelegten „Basis-Profile“ dazu benutzen, für zahlende Jameda-Kunden indirekt Werbung zu machen. Berücksichtigt wurde unter anderem auch, dass sich Ärzte durch die unterschiedliche Gestaltung der Profile zu einer Mitgliedschaft gedrängt fühlen könnten. Daher würde – so auch die drei Entscheidungen – das Interesse der Betroffenen das Interesse von Jameda an der Datennutzung überwiegen. Damit fehlt es an den Voraussetzungen für eine Datenverarbeitung ohne Einwilligung.

Ob die Profile am Ende wirklich gelöscht werden müssen, werden nun die Oberlandesgerichte entscheiden. Die erste Entscheidung ist im Herbst diesen Jahres zu erwarten.

Dr. Frauke Schmid-Petersen ist Rechtsanwältin bei HÖCKER Rechtsanwälte in Köln und seit 1999 auf dem Gebiet des Medienrechts tätig und war in den genannten Verfahren als Prozessvertreterin für die jeweiligen Ärzte tätig.


[1] LG Bonn Urt. v. 28.3.2019. Az. 18 O 143/18, Urt. v. 29.3.2019, Az. 9 O 157/18 und LG Wuppertal, Urt. v. 29.03.2019, Az. 17 O 178/18.

Tipps zur TI-Installation – Haftung und Haftungsbefreiung

Berlin – KBV und gematik haben im Rahmen der Diskussion um die Sicherheit des TI-Konnektors und der Haftung der Ärzte Stellung bezogen. Laut MEDI-Verbund hätten entsprechende Muster und Anleitungen zur Installation des TI-Konnektors den Praxen längst zur Verfügung gestellt werden müssen. Auch wenn die Ausführungen der gematik bezüglich der Sicherheit der TI nicht nachvollzogen werden können, seien die Ausführungen der gematik zur angeblichen Haftungsbefreiung der Praxen als positiv zu bewerten. MEDI-Chef Dr. Werner Baumgärtner empfiehlt in einem Rundschreiben, die gematik beim Wort zu nehmen: “Es ist leider nach wie vor so, dass Sie unter Strafandrohung in eine technisch veraltete und unsichere TI gezwungen werden, die Sie auch nicht selbst prüfen oder prüfen lassen dürfen. Die Übernahme der Haftung durch die gematik wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.” Um sich abzusichern, rät der MEDI-Verbund folgendes Vorgehen:

1) Lassen Sie das von der gematik zur Verfügung gestellte Muster-Installationsprotokoll von Ihrem Dienstleister ausfüllen und unterschreiben.

2) Lassen Sie sich die weitergehende Erklärung zur umfassend korrekten Installation (Bestätigung des Dienstleisters) unterschreiben!

3) Sind die Erklärungen nach 1) und 2) von Ihrem Dienstleister unterschrieben, so schicken Sie je eine Kopie und unser Musterschreiben Haftungsbefreiung 1an die gematik. Damit kann die gematik Ihnen schriftlich versichern, dass sie die Haftung bei Angriffen übernimmt, auch wenn nicht festgestellt werden kann, über welchen Weg der Angriff in das Praxisverwaltungssystem erfolgt ist. In der Regel ist das leider so.

4) Falls Ihr Dienstleister die Erklärungen nach 1) und/oder 2) nicht unterschreibt, so das auch an die gematik gemeldet werden, unter Verwendung des Musterschreibens Haftungsbefreiung 2.

Quelle: MEDI

Unseriöses Jonglieren mit großen Zahlen

Berlin – Zwei Drittel der Akutkrankenhäuser in Deutschland mal schnell geschlossen. Sieht so ein sinnvoller Vorschlag für die zukünftige Gesundheitsversorgung aus? „Diese Meldung ist Effekthascherei. Es ist der in den letzten Jahren von interessierter Seite immer mal wieder unternommene Versuch einer Kahlschlagdebatte in der Krankenhausversorgung. Die Meldung auf der Bertelsmann-Homepage ‘Eine bessere Versorgung ist nur mit halb so vielen Kliniken möglich‘ ist schlichtweg Unsinn. Bertelsmann ist dabei, seinen guten Ruf zu verspielen“, kommentierte VKD-Präsident Dr. Josef Düllings den neuesten Vorstoß, dieses Mal in Form einer Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung.

Der Vorschlag kommt fast zur selben Zeit wie der Bericht der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ unter Vorsitz von Horst Seehofer. Ziel sei, so wurde in der Vorstellung betont, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zur Richtschnur für alle künftigen Vorhaben der Bundesregierung zu machen. Es gehe um den Ausbau einer flächendeckenden Infrastruktur – je nach Bedarf in der jeweiligen Region. Als Beispiel dafür wird auch die Gesundheitsversorgung genannt, wird auf Arztpraxen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen als wichtige Standortfaktoren verwiesen, die entscheidend seien für die Lebensqualität der dort lebenden Menschen.

„Genau das ist auch die Position des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands“, bekräftigt der VKD-Präsident. „Strukturen müssen den Notwendigkeiten in den jeweiligen Regionen entsprechend weiterentwickelt werden. Dabei müssen ambulante und stationäre Leistungen endlich besser miteinander vernetzt werden. Gerade in ländlichen Regionen sind die Krankenhäuser Anker einer funktionierenden Gesundheitsversorgung. Sie übernehmen vielfach schon jetzt Leistungen, für die der niedergelassene Bereich zwar zuständig ist, die er aber vor allem durch den Ärztemangel nicht zeitnah zur Verfügung stellen kann. Diese Strukturen zu zerschlagen, wäre abenteuerlich. Vielmehr muss diesen Kliniken, wie der VKD schon seit langem fordert, die Verantwortung für die ambulante Versorgung übertragen werden, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen schon seit langem nicht mehr sichergestellt werden kann.“

Das wäre sinnvoller als die Weiterführung von Parallelstrukturen. Es wäre wirtschaftlicher und im Sinne einer integrierten Versorgung auch besser für den Patienten, der dann nicht von einem Leistungserbringer zum anderen geschickt werden müsste. Es gehe nicht um die Wünsche von Krankenkassen oder Studienautoren, sondern um die Bedürfnisse der Menschen vor Ort. Der VKD wehrt sich in diesem Zusammenhang auch gegen das Schlechtreden kleiner Krankenhäuser, die häufig neben der geprüft guten Grundversorgung für die Patienten in ihren Regionen vielfach auch hochspezialisierte Leistungen anbieten und international anerkannte Experten beschäftigen. „Klein ist keinesfalls gleich schlecht“, so Dr. Düllings. „Die Studie verunsichert letztendlich mit ihren Bewertungen und Vorschlägen viele Menschen, die nun vielleicht befürchten, dass ihr Krankenhaus zu denen gehören könnte, die laut der Studie geschlossen werden sollten.“

Auch das Krankenhausmanagement sieht die Notwendigkeit zu weitreichenden Strukturveränderungen. Es sind vor allem die Kranhausmanager, die solche Veränderungen fordern und, wo dies mit entsprechenden finanziellen Ressourcen hinterlegt ist, sogar schon jetzt umsetzen. Dazu hätte die Studie einen Beitrag leisten können. Mit dem jetzigen Schwerpunkt hat sie leider das Thema verfehlt. Aus den Praxiserfahrungen ist für den VKD klar, dass solche Strukturveränderungen nicht zum Nulltarif zu haben sind – leider eine immer noch gepflegte Fantasie von Krankenkassen- und Länderseite. Angesichts einer historisch niedrigen Investitionsquote und eines beispiellosen Investitionsstaus ist eine solche Vorlage wie die Bertelsmann-Studie eher ein Papiertiger als zielführende Politikberatung. Diese Studie wird nicht Realität werden.

Quelle: VKD

BARMER-Umfrage zur Zweitmeinung

Berlin – Millionen Patientinnen und Patienten in Deutschland zweifeln an der Notwendigkeit von planbaren medizinischen Eingriffen. Das belegt eine repräsentative BARMER-Erhebung, für die im März bundesweit 1.000 Männer und Frauen ab 18 Jahren befragt wurden. Demnach ist mehr als jeder Zweite (56 Prozent) unsicher, ob die Operation tatsächlich notwendig ist. Aber nur 57 Prozent der Befragten mit einem planbaren medizinischen Eingriff veranlassen ihre Zweifel, sich eine Zweitmeinung einzuholen. Dabei zeige die Umfrage, dass die Meinung anderer Ärztinnen oder Ärzte in nicht wenigen Fällen ganz anders ausfalle. Zwar gäben 72 Prozent der Befragten an, die Diagnose bestätigt bekommen zu haben, 21 Prozent bekämen die Therapieempfehlung bestätigt. Damit wurden diese Antwortalternativen am häufigsten gewählt. Acht Prozent erhielten jedoch eine andere Diagnose, 17 Prozent eine andere Therapieempfehlung. „Wir haben ein Informationsdefizit in Deutschland, was Operationen angeht. Wissens- und Informationslücken dürfen nicht dazu beitragen, dass unnötige Eingriffe vorgenommen werden“, sagt Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Er forderte die Patientinnen und Patienten auf, konsequent vom Recht auf Zweitmeinung Gebrauch zu machen. Wer zwei Meinungen höre, folge laut Umfrage zu mehr als der Hälfte der Alternativauffassung (56 Prozent).

Alter, Bildung und Einkommen beeinflussen Interesse

Die zusammen mit dem Marktforschungsunternehmen respondi durchgeführte Online-Umfrage zeige, dass die Faktoren Alter, Bildung und Einkommen die Offenheit gegenüber Zweitmeinungen beeinflussen. Je höher Einkommen und Bildung, desto öfter würden weitere Meinungen erfragt. Der Effekt zeige sich auch bei einzelnen Altersgruppen, wobei die 40- bis 49-Jährigen als besonders kritisch auffielen. „Mit dem sozialen Status und der Lebenserfahrung steigt die Bereitschaft, ärztliche Empfehlungen zu hinterfragen. Zweitmeinungen sind jedoch für Patientinnen und Patienten jeden Alters interessant, die vor einem planbaren Eingriff stehen“, so Straub.

Ergebnisse der Umfrage im Detail

Sozioökonomische Einflussfaktoren

Zwei Drittel der Befragten (65 Prozent) bejahten, dass sie vor einem planbaren medizinischen Eingriff Wert auf eine Zweitmeinung legen würden. Bei Frauen ist die Bereitschaft dazu mit 69 Prozent deutlicher ausgeprägt als bei Männern, von denen dies nur 61 Prozent wichtig finden. Den Einfluss der sozioökonomischen Faktoren Alter, Bildung und Einkommen zeigt die Grafik. Offenbar besteht ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Einkommens und des Bildungsstandes mit der Bereitschaft zum Einholen einer Zweitmeinung. Tendenziell wächst auch mit dem Lebensalter die Bereitschaft, medizinische Diagnosen und darauf basierende Therapieoptionen zu hinterfragen.

Wenn Zweifel fehlen

Von den Befragten, die keine Zweitmeinung eingeholt haben, nennen 67 Prozent als Grund für den Verzicht, dass sie die Notwendigkeit des Eingriffs nicht bezweifelten. Mehr als jeder Zweite (55 Prozent) fühlte sich vom Arzt ausreichend aufgeklärt.

Zwei zusätzliche Meinungen am häufigsten

Die Mehrheit derer, die Zweifel an einer anstehenden Therapie hat, wünscht sich der Umfrage nach sogar mehr als nur eine weitere Meinung. So holt mehr als die Hälfte zwei weitere Einschätzungen ein (56 Prozent). Während vier von zehn Befragten (38 Prozent) mit einer zusätzlichen Meinung auskommen, holen sechs Prozent drei und mehr zusätzliche Voten ein. Dabei scheint die Wahl mit der Zahl zusätzlicher Einschätzungen schwieriger zu werden. Von den Patientinnen und Patienten, die sich auf zwei Meinungen stützen, folgen 56 Prozent der zweiten Empfehlung. Haben die Befragten drei oder mehr Experten gehört, fällt ihre Wahl zu etwa gleichen Teilen auf die erste, zweite und dritte Meinung. 

Entscheidung folgt Nutzen-Risiko-Abwägung

Leitkriterium für die letztendliche Entscheidung der Patientinnen und Patienten ist dann eine Abwägung zwischen möglichen Risiken und dem zu erwartenden persönlichen Nutzen des Eingriffs (58 Prozent). Der Ruf der Klinik, in dem der Eingriff stattfinden sollte, war für ein Drittel der Befragten entscheidend.

Facharztgruppen und Eingriffsarten

Am häufigsten holten die Befragten Zweitmeinungen ein, wenn es um planbare Eingriffe im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie (27 Prozent) und der allgemeinen Chirurgie (24 Prozent), der Gynäkologie (zehn Prozent) sowie der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (acht Prozent) ging. Am häufigsten ging es bei Zweitmeinungen um Eingriffe am Bewegungsapparat (19 Prozent), dem Verdauungstrakt und den Geschlechtsorganen (jeweils neun Prozent).

Hintergrundinformationen zum Thema

Rechtsgrundlage: Der Gesetzgeber hat mit dem Versorgungstärkungsgesetz zum 23. Juli 2015 mit § 27b SGB V den Anspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung eingeführt. Der Anspruch richtet sich insbesondere auf solche Indikationen, bei denen mit Blick auf die zahlenmäßige Entwicklung die Gefahr einer Indikationsausweitung nicht auszuschließen ist.

Richtlinie: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde damit beauftragt, eine Richtlinie über die Konkretisierung des Anspruchs auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung zu beschließen. Die Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren (Zm-RL) ist im Dezember 2018 in Kraft getreten. Die Zm-RL legt den Leistungsumfang, die Aufgaben der indikationsstellenden Ärzte sowie die Anforderungen und Aufgaben der Ärzte fest, die eine Zweitmeinung abgeben. Außerdem bestimmt sie die Eingriffe, bei denen ein Anspruch auf Einholung einer Zweitmeinung besteht, sowie die eingriffsspezifischen Anforderungen. Bislang gibt es auf Basis der Zm-RL Anspruch auf Zweitmeinungen zu Mandeloperationen (Tonsillotomien und Tonsillektomien) und Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien).

Quelle: BARMER

Versorgungsrealität der Orthopädischen Rheumatologie: Anspruch und Wirklichkeit

Berlin – Seit vielen Jahren besteht ein deutliches Versorgungsdefizit in der Rheumatologie in Deutschland. Vor über zehn Jahren stand in der Präambel eines Kooperationsvertrages des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen (BDRh) und einem Hausärzteverbund das Zitat des BDRh-Vorsitzenden Dr. Edelmann:

„Die umfassende Betreuung von Patienten mit entzündlichen Gelenkveränderungen wie rheumatoider Arthritis, Psoriasisarthritis und auch Morbus Bechterew sind in Deutschland noch weit vom Optimum entfernt.“

Die frühe Überweisung vom Hausarzt zum internistischen Rheumatologen sollte dieses Problem lösen. Weitere Strukturverträge zwischen dem BDRh und Hausärzten mit verschiedenen Krankenkassen folgten unter eindeutigem Ausschluss von Orthopäden und Orthopädischen Rheumatologen.

Memorandum der DGRh 2008

In einem Memorandum zur „Rheumatologischen Versorgung von akut und chronisch Rheumakranken in Deutschland“ der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) aus dem Jahr 2008 wurde die rheumatologische Unterversorgung Deutschlands mit Zahlen belegt und für je 100.000 Einwohner (2) internistische Rheumatologen gefordert (1). Das entspricht einem bundesweiten Bedarf von 1.300 – 1.600 internistischen Rheumatologen. Nach dieser Forderung hätte die Zahl der internistisch-rheumatologisch tätigen Fachärzte seit 2008 nahezu verdoppelt werden müssen. Der Beitrag von Orthopäden und Unfallchirurgen sowie Orthopädischen Rheumatologen war allerdings weder in der Statusfeststellung, noch in den daraus abgeleiteten Forderungen der DGRh für eine Verbesserung der rheumatologische Versorgung berücksichtigt worden.

Statusupdate 2016

Eine Aktualisierung des Memorandums von 2008 wurde als Update 2016 veröffentlicht (1). Es wird festgestellt, dass der Versorgungsbedarf und das Versorgungsdefizit im Vergleich zu 2008 unverändert weiter besteht, sich allerdings die Therapieoptionen und Therapiestrategien (treat to target) sowie die erreichbaren Therapieziele (Remission) verändert haben. Dies habe Auswirkungen auf den rheumatologischen Versorgungsbedarf und führte trotz bestehender Unterversorgung zu einer Ausweitung der von den Rheumatologen beanspruchten Rolle:

„Der internistische Rheumatologe hat die spezifische Aufgabe, die Versorgung von Personen mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen, insbesondere mit entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen, inflammatorischen/immunologischen Systemerkrankungen, endokrinen und metabolischen Erkrankungen mit rheumatischer Symptomatologie sowie schweren Verlaufsformen anderer muskuloskelettaler Erkrankungen verantwortlich zu leiten, zu steuern und zu begleiten.“

Zu diesem erweiterten Patientenkollektiv gehören in Deutschland ca. 1,5 Mio Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die von 776 internistischen Rheumatologen versorgt werden sollen (fast 6.000 Patienten pro Arzt).

Trotz dieser bereits eindrucksvollen Dysbalance erklärt die DGRh im Memorandum von 2016 „auf der Ebene der spezialisierten fachärztlichen Versorgung fachärztlich tätige Internisten für die ambulante Versorgung von … rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen zuständig“. Wie will diese kleine Facharztgruppe auch noch weitere muskuloskelettale Erkrankungen behandeln, wenn sie es schon nicht allein schafft, die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zu versorgen? Die DGRh stellte immerhin fest, daß diese Aufgabe von den internistischen Rheumatologen nicht allein zu bewältigen ist. Deshalb soll mit Hausärzten, weitere ärztlichen Fachrichtungen und nichtärztlichen Heilberufen bei entsprechender Qualifikation in der Versorgung unkomplizierter Verläufe zusammengearbeitet werden.

Anspruch und Wirklichkeit der rheumatologischen Versorgung

In dem Memorandum der DGRh werden für eine hochwertige ambulante Versorgung von Rheumapatienten folgende Voraussetzungen gefordert:

Anspruch: Primär versorgende Ärzte (Allgemeinmediziner, Orthopäden etc.) müssen über grundlegendes rheumatologisches Wissen verfügen, um Patienten mit Bedarf an rheumatologischer Mitbetreuung sicher von solchen ohne diesen Bedarf zu unterscheiden.

Wirklichkeit: Kann das wirklich der Allgemeinmediziner? Der Orthopäde und Unfallchirurg lernt dies in seiner Weiterbildung und der Orthopädische Rheumatologe hat diesbezüglich eine 2-jährige Zusatzweiterbildung abgeleistet.

Anspruch: Hat der internistische Rheumatologe eine entzündlich-rheumatische Krankheit festgestellt, so wird er den Patienten entsprechend informieren, die Therapie einleiten und im Bedarfsfall auch die Heil- und Hilfsmittelversorgung vornehmen.

Wirklichkeit: Die Hilfsmittelversorgung erfolgt leider noch viel zu selten in Absprache mit dem Orthopäden und Unfallchirurgen bzw. dem Orthopädischen Rheumatologen.

Anspruch: Bei den meisten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ist eine Überwachung des Verlaufs durch den internistischen Rheumatologen in regelmäßigen Abständen erforderlich.

Wirklichkeit: Viele Verläufe sind aus der Erfahrung von Orthopädischen Rheumatologen unkompliziert. Aber eine Kontrolle 1x jährlich könnte nicht schaden.

Anspruch: Ein Patient mit Gelenkschmerzen oder anderen Symptomen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung benötigt den unmittelbaren Zugang zu seinem Hausarzt. Dieser muss ein rheumatologisches Basiswissen aufweisen, um eine erste Sichtung und ggf. eine Überweisung vornehmen zu können. Hat der primär versorgende Arzt den begründeten Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, sollte der Zugang zum internistischen Rheumatologen innerhalb von zwei Wochen gewährleistet sein.

Wirklichkeit: Aktuell beträgt die Wartezeit für einen Termin beim internistischen Rheumatologen ca. drei bis sechs Monate (Prof. Matthias Schneider, Düsseldorf, DGRh-Pressekonferenz 9/2018)  

Versorgungsbedarf und Wartezeiten

Die Differenz zwischen bedarfsgerechter und tatsächlicher Versorgung ist immens. Am 31.12.2015 gab es in Deutschland in der ambulanten internistisch-rheumatologischen Versorgung 665 Vertragsärzte oder angestellte Ärzte und 111 ermächtigte Rheumatologen an Kliniken. Da 155 von diese 665 Ärzten in der hausärztlichen Versorgung standen, waren deutschlandweit sogar nur 510 Fachärzte für die internistisch-rheumatologische Versorgung aktiv, was bei 1,5 Mio Patienten völlig unzureichend ist.

Die Versorgungsrealität dieser Patienten hat sich durch die Memoranden der DGRh seit 2008 nicht verändert, da mit diesen Papieren ausschließlich die Eigeninteressen der internistischen Rheumatologen durchgesetzt werden sollten. Das Ergebnis ist eine Unterversorgung mit daraus resultierenden erheblichen Wartezeiten. Auch perspektivisch besteht wenig Hoffnung auf eine wesentliche Steigerung der Zahl der internistischen Rheumatologen: Die Zahl der derzeit weitergebildeten Ärzte reicht kaum aus, um die aus Altersgründen ausscheidenden Rheumatologen zu ersetzen.

Lösungsvorschläge der DGRh

Im Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie 2016 werden Vorschläge zu Lösung des Problems und ein ausführlicher Forderungskatalog an die Gesundheitspolitik formuliert. Die einfachste Lösung, Orthopäden und Unfallchirurgen und insbesondere die Orthopädischen Rheumatologen in die Primärdiagnostik und -Therapie mit einzubeziehen, findet sich nicht. Der Orthopädische Rheumatologe wird im gesamten Text nur einmalig erwähnt. Allerdings ging es hier konkret darum, ihn aus der Bedarfsplanung herauszuhalten. Dies wohl vor allem im Hinblick auf das ASV-Verfahren Rheumatologie, das 2016 bei einigen Verbänden für eine Goldgräberstimmung sorgte.

Die Rolle der orthopädischen Rheumatologie

Ungeachtet der gewünschten Exklusivität der internistischen Rheumatologen durch die DGRh versorgen Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie seit Jahrzehnten eine erhebliche Zahl von Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen.

Einen ersten Faktencheck liefern zwei jüngst publizierte Übersichtsartikel aus dem Jahr 2018. Die Behandlungsergebnisse bei Patienten mit Rheumatoidarthritis (RA) haben sich in den letzten 20 Jahren erheblich verbessert (2). Dies zeigt sich in einem deutlichen Rückgang der Krankheitsaktivität, einer Verbesserung der Lebensqualität sowie des Funktionsstatus betroffener Gelenke sowie im Anstieg der Erwerbstätigkeit.

Bundesweit werden ungefähr zwei Drittel der RA-Patienten internistisch-rheumatologisch (mit-)betreut. Ein Drittel der Patienten wird von Hausärzten und Orthopäden versorgt. Unsere Fachgruppe wird in der Regel primär von Patienten mit Beschwerden des Bewegungssystems aufgesucht, insbesondere bei Gelenk- und Rückenbeschwerden. Orthopäden und Unfallchirurgen können dank ihrer Weiterbildung eindeutig zwischen entzündlichen und nicht entzündlichen rheumatischen Erkrankungen differenzieren.

Zu beachten ist, daß Orthopäden und Hausärzte unabhängig vom Antikörperstatus ihre Patienten sehr viel seltener mit DMARDs versorgen, als internistische Rheumatologen (2, 3). Dies hat vermutlich mit den Regressängsten vieler Kolleginnen und Kollegen zu tun, kann aber auch in der mangelnden Erfahrung mit Biologica begründet sein.

Den Patienten entgeht in diesen Fällen eine moderne effektive Rheumatherapie. Hier besteht bei Orthopäden und Unfallchirurgen Informations- und Fortbildungsbedarf, wie er z.B. durch das RhefO-Kurskonzept der ADO adressiert wird. Auch die Delegation bestimmter Therapieoptionen und Teilschritte an geschultes Fachpersonal wie die Orthopädisch-Rheumatologische Fachassistenz (ORFA) ist denkbar, um den Versorgungsbedarf zu befriedigen.

Umfrage bei Orthopäden und Unfallchirurgen

Bei einer Umfrage des BVOU unter rheumatologisch aktiven Orthopäden und Unfallchirurgen (allesamt Teilnehmer der RhefO-Kursreihe der ADO) gaben die Antwortenden zu über 40% an, Rheumatoide Arthritiden zu behandeln (Abb. 1). Jeweils ca. 20 % der behandelten Rheumapatienten verteilen sich auf die Diagnosen M. Bechterew, Psoriasisarthritis sowie andere Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.

Abbildung 1: Diagnoseverteilung von behandelten Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=145). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Aus seiner langjährigen Praxiserfahrung heraus kann Dr. Uwe Schwokowski Erfahrungsberichte bestätigen, daß sich bei Überweisungen von Hausärzten zu internistischen Rheumatologen nur bei 2 von 10 Patienten die Verdachtsdiagnose „Rheuma“ bestätigt. Diese fehlgeleiteten Patienten sind Hauptursache der langen Wartezeiten beim internistischen Rheumatologen.

Würde der Orthopäde und Unfallchirurg und erst recht der Orthopädische Rheumatologe regelhaft in den Versorgungsprozeß einbezogen, könnten viele Fehlüberweisungen vermieden und die Sprechstunden der internistischen Rheumatologen spürbar entlastet werden. Die internistischen Rheumatologen hätten sehr viel mehr Vakanzen für Akutfälle, wirklich bedürftige Rheumapatienten und vor allem die komplexen Therapien bei schweren Verläufen.

Spektrum rheumatologisch tätiger Orthopäden und Unfallchirurgen

Orthopäden und Unfallchirurgen sowie Orthopädische Rheumatologen sind in der täglichen Praxis in der Lage, durch Anamnese und körperliche Untersuchung sowie spezifische Diagnostik wie bildgebende Verfahren (Sonographie und Röntgen) und Laboruntersuchungen, eine Diagnose zu stellen. Sie beherrschen die gängigen Klassifikationssysteme und können selbständig die Initialtherapie starten. Dabei verordnen Sie vor allem Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Glukokortikoide.

Lediglich ein Drittel der Kolleginnen und Kollegen verschreiben auch die moderneren DMARDs regelhaft (Abb. 2). Hier besteht vor allem die Befürchtung, das eigene Arzneimittelbudget zu überziehen und Regressforderungen ausgesetzt zu sein. Dieses Risiko ist heute bei intakter Kommunikation mit der zuständigen KV fast zu vernachlässigen. Bitte wenden Sie sich bei diesbezüglichen Fragen gern an die Autoren oder die BVOU-Geschäftsstelle.

Abbildung 2: Verordnung von Arzneimitteln zur Therapie rheumatischer Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=147). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Bei einer Umfrage zur Versorgungsrealität bei Orthopäden und Unfallchirurgen, die Rheumapatienten behandeln, gaben knapp 60% der Antwortenden an, bis zu 50 Rheumapatienten pro Quartal zu behandeln. Bei ca. 40% der Antwortenden waren es deutlich mehr (siehe Abb. 2).

Abbildung 3: Anzahl behandelter Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis pro Quartal (n=147). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Bei deutlich größeren Erhebungen zur Versorgungsrealität von Rheumapatienten sind Orthopäden und Unfallchirurgen bei bis zu 30% der Rheumapatienten unmittelbar an der Versorgung beteiligt. Siehe dazu den folgenden Beitrag von Dr. Johannes Flechtenmacher.

Orthopäden und Unfallchirurgen tragen bereits heute zu einer erheblichen Entlastung der internistischen Rheumatologen bei. Dieser Versorgungsbeitrag könnte bei einer Kooperation auf Augenhöhe, wie sie in einzelnen Regionen Deutschlands bereits gelebte Realität ist, in Zukunft noch deutlich gesteigert werden.

Daß diese Kooperationen regional funktionieren, zeigt auch die Erhebung des BVOU. Der Anteil der Kolleginnen und Kollegen, der die Diagnose einer rheumatischen Erkrankung selbst stellt, ist ebenso hoch wie der Anteil der Kollegen, die dies in enger Kooperation mit einem internistischen Rheumatologen tut (Abb. 4).

Abbildung 4: Diagnosestellung bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in der orthopädisch-unfallchirurgischen Praxis (n=147). Umfrage des BVOU zur Versorgungsrealität Rheuma 2018.

Perspektiven für die Orthopädische Rheumatologie

Es wird Zeit, Orthopäden und Unfallchirurgen und die Orthopädischen Rheumatologen als kollegiale Partner wahrzunehmen, die in der Rheumaversorgung eine wichtige Rolle spielen.

Zertifikat „Rheumatologisch fortgebildeter Orthopäde – RhefO“

Über die Akademie Deutscher Orthopäden hat der BVOU seit 2012 spezielle Intensivkurse zur Vertiefung der Kenntnisse in der Rheumatologie für Orthopäden und Unfallchirurgen angeboten. In einem dreistufigen Curriculum wird das nötige Fachwissen von der Früherkennung über die Diagnosestellung bis zum Einstieg in die spezielle Rheumatherapie vermittelt. An diesem Kurssystem haben seither 1.800 Teilnehmer an 75 Wochenendkursen teilgenommen, über 500 Kolleginnen und Kollegen haben alle drei Kurse belegt. Das Zertifikat zum „Rheumatologisch Fortgebildeten Orthopäden (RhefO)“ haben bislang leider deutlich weniger Kollegen beantragt, weil die Regularien neben dem Besuch der Kursreihe bislang den Besuch weiterer Fortbildungsveranstaltungen verlangten. Das Erlangen des RhefO-Zertifikates wurde zum Jahresbeginn 2019 erleichtert. Wer alle drei Kurse des RhefO-Curriculums durchläuft, erhält das RhefO-Zertifikat unter der Bedingung, alle 2 Jahre einen RhefO-Refresherkurs zu belegen. Dies macht wegen der rasanten Entwicklung der Arzneimitteltherapie in der Rheumatologie auch Sinn.

Abbau von Abrechnungshürden und Regressen

Regressängste bei Arzneimittel- und Laborbudgets sowie der unbezahlte Mehraufwand der Rheumaversorgung hält viele interessierte Orthopäden und Unfallchirurgen davon ab, in die Versorgung von Rheumapatienten einzusteigen. Hier sind die Kassenärztlichen Vereinigungen gefordert, Abhilfe zu schaffen und die Rahmenbedingungen für die Beteiligung von Orthopäden und Unfallchirurgen an der Rheumaversorgung attraktiver zu gestalten.

Rheumanetzwerke für die strukturierte Rheumaversorgung

Mit Hilfe von Rheuma-Netzen nach dem folgenden Schema gelingt es vor Ort häufig in interdisziplinärer Kooperation zwischen Hausärzten, Orthopäden und Rheumatologen unkompliziert und unbürokratisch die Versorgung von Rheumapatienten zu optimieren. Wäre dies nicht auch ein Ansatz für ein neues Memorandum aller an der Rheumaversorgung in Deutschland beteiligten Arztgruppen? Gemeinsam können internistische Rheumatologen, Hausärzte sowie Orthopäden und Unfallchirurgen mit der RhefO-Zusatzqualifikation oder der Zusatzweiterbildung „Orthopädische Rheumatologie“ die Versorgung von Rheumapatienten in Deutschland sicherstellen.

Dr. Uwe Schwokowski, Dr. Jörg Ansorg

Literatur

  1. Memorandum zur Versorgungsqualität in der Rheumatologie (2016). Z Rheumatol 2017 · 76:195–207; Springer-Verlag Berlin Heidelberg
  2. Albrecht K, Zink A (2018): Versorgungssituation der rheumatoiden Arthritis in Deutschland. Akt Rheumatol 2018; 43: 369–374; Springer-Verlag Berlin Heidelberg
  3. Strahl A, Schneider O, Frankenhauser-Mannuß J et al. (2018): Prävalenz, Komorbidität und interdisziplinäre Versorgung der Rheumatoiden Arthritis – Versicherungsdaten zur ambulanten und stationären Versorgung in Baden-Württemberg. Z Rheumatol 2018; 77:113–126; Springer-Verlag Berlin Heidelberg

TSVG-Vergütung: KBV und Krankenkassen erzielen Einigung

Berlin – Bei den Verhandlungen zur Umsetzung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) haben Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband sich am Mittwoch, den 19.6. im Bewertungsausschuss auf konkrete Eckpunkte geeinigt. Der Vorstandsvorsitzender der KBV, Dr. Andreas Gassen zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis: „Das TSVG ist leider ein sehr kleinteilig angelegtes Gesetz. Vor dem Hintergrund der nun gemeinsam beschlossenen tragfähigen Lösungen ist es aber möglich, dass sich die vom Gesetzgeber gewollte Mehrarbeit für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auch auszahlen kann“.

Die nächsten Schritte für die Umsetzung des TSVG seien damit klar geregelt. Das Gesetz war am 11. Mai 2019 in Kraft getreten. Einige Neuerungen gelten seitdem bereits, bei anderen ist dies ab September oder später der Fall.

Eckpunkte

  • Seit dem 11. Mai können Ärzte Untersuchungen und Behandlungen bei Patienten extrabudgetär abrechnen, für die durch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder einen Hausarzt Termine vermittelt wurden. Der BA hat nun die umfassten Leistungen und Regeln zu deren Bereinigung aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung festgelegt.
  • Regelung der extrabudgetären Zuschläge für Termine, welche durch dieTerminservicestellen vermittelt werden (gilt ab 1. September).
  • Zuschlag Terminvermittlung an Facharzt durch Hausarzt: Ab 1. September gibt es für den Hausarzt einen extrabudgetären Zuschlag von zehn Euro je Vermittlung. Voraussetzung: Der vermittelte Termin muss innerhalb von vier Kalendertagen nach Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit durch den Hausarzt liegen.
  • Offene Sprechstunde: Ab 1. September können maximal fünf offene Sprechstunden je Woche extrabudgetär abgerechnet werden. Im Bewertungsausschuss einigte man sich auf die jeweiligen Arztgruppen, die eine offene Sprechstunde anbieten können. Dies sind Augenärzte, Chirurgen, Gynäkologen, HNO-Ärzte, Hautärzte, Kinder- und Jugendpsychiater, Nervenärzte, Neurologen, Orthopäden, Psychiater und Urologen. Nun müssen KBV und GKV-Spitzenverband noch den Bundesmantelvertrag anpassen.
  • Versorgung von Neupatienten: Ab 1. September können Ärzte die Behandlung von Neupatienten extrabudgetär abrechnen. Patienten gelten als Neupatienten, wenn sie seit zwei Jahren nicht mehr in der Praxis behandelt oder untersucht worden sind.

Quelle: KBV

Gesamtüberblick und Fokus auf das Wesentliche

Berlin – Neben der Darstellung des prüfungsrelevanten Wissens bereiten die Referenten die FAB-Teilnehmer in einer simulierten Prüfungssituation auf zu erwartende, konkrete orthopädisch-unfallchirurgische Fragestellungen vor. Bisherige Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer empfinden die Themen- und Formatvielfalt an den sechs Unterrichtstagen als eine gelungene Vorbereitung. Die Akademie Deutscher Orthopäden (ADO) und Ottobock MedicalCare GmbH vergaben auch für den 26. Facharztvorbereitungskurs zwei Stipendien. Auf dem gemeinsamen Grillabend im Garten der DRK Kliniken Berlin Westend haben wir mit der Stipendiatin Bernadett Predel (Kaufbeuren) über die Kurswoche gesprochen.

Du bist eine der glücklichen FAB-Stipendiatinnen: Erzähl uns doch etwas über Deine Tätigkeiten im Fach O und U.
Bernadett Predel: Während meiner bisherigen, fast siebenjährigen, Weiterbildung durfte ich einerseits an zwei regionalen Traumazentren meine Fähigkeiten vor allem in der Akutversorgung von Patienten entwickeln. Dabei erlernte ich die verschiedenen operativen Verfahren der Notfall- wie auch der Elektivtraumatologie und -orthopädie. Andererseits habe ich im vergangenen letzten Jahr die Möglichkeit bekommen, in einer konservativ orientierten orthopädischen Praxis mit Fokus auf Kinderorthopädie und Osteologie, einen Einblick in die nicht-traumatologischen Facetten des Fachgebietes zu bekommen. Mit großem Interesse baute ich meine Fähigkeiten in der konservativen Orthopädie, der manuellen Medizin, der Behandlung häufiger und weniger häufiger kinderorthopädischer Krankheitsbilder sowie osteologischer Verfahren aus und erwarb erste Kenntnisse im Bereich der Akupunktur und Osteopathie.

Berufsbegleitend engagiere ich mich als aktive Bergwachtnotärztin in der Region Allgäu bei der Bergwacht Bayern. In diesem Rahmen übernehme ich dort auch Aufgaben in der notfallmedizinischen Ausbildung der Anwärter und aktiven Einsatzkräfte der im Allgäu und darf seit 2017 das Ressort Notfallmedizin der Bergwachtbereitschaft Kaufbeuren leiten.

Wie geht es jetzt für Dich weiter?
Predel: Im April dieses Jahres habe ich die Tätigkeit am regionalen Traumazentrum Memmingen wieder aufgenommen und auch die Arbeit an einer Promotion mit dem Thema “Abriebinduzierte Lockerung von Knie-Totalendoprothesen” begonnen.

Die Prüfung zum Facharzt für Unfallchirurgie und-Orthopädie möchte ich im Spätsommer dieses Jahres ablegen. Für die Zukunft plane ich zunächst, meine Kenntnisse im Rahmen der Verantwortlichkeiten als Facharzt im klinischen Bereich zu festigen. Im Anschluss erwäge ich die Anstellung in einer orthopädischen Praxis mit teilweiser operativer Tätigkeit.

Wie hast Du vom Facharztvorbereitungskurs der ADO in Berlin erfahren?
Predel: Das war ganz interessant: Ich habe im Rahmen der Rotation in einer Praxis gearbeitet. Ich habe das Glück gehabt, dass ich in eine Praxis gekommen bin, die orthopädisch-konservativ tätig ist. Mein Chef. Dr. Joachim Geis in Memmingen, ist sehr engagiert. Ihm hatte ich erzählt, dass ich auf der Suche nach einem Termin für einen Vorbereitungskurs bin. Er gab mir den Hinweis, dass die Akademie Deutscher Orthopäden (ADO) des BVOU ein entsprechendes Kursformat anbietet und Stipendien vergibt. Daraufhin habe ich mich beworben.

Wie lief der Bewerbungsablauf für das Stipendium ab? Was musstest Du vorbereiten?
Predel:
Das funktionierte alles sehr schnell und unkompliziert. Ich habe meinen Lebenslauf aktualisiert und ein Motivationsschrieben verfasst. Die Unterlagen habe ich direkt zur ADO geschickt. Darauf folgte die Zusage, über die ich mich gefreut habe.

Was gefällt Dir besonders gut am Facharztvorbereitungskurs?
Predel: Mir gefällt, dass die Kurswoche eine komplette Vorbereitung beinhaltet und das gesamte Themenspektrum abgedeckt wird. Deswegen ist es großartig, dass man bei so einem umfangreichen Fach einen Gesamtüberblick bekommt, trotzdem mit einem Fokus auf das Wesentliche. Viele Dozenten weisen auch an bestimmten Stellen darauf hin, was besonders prüfungsrelevant ist. So kann man auch direkt schauen, welche Themengebiete man sich noch einmal genauer anschauen sollte.

Hast Du auch Verbesserungsvorschläge bezüglich des Ablaufs oder Organisation?
Predel:
Ich habe einmal bei einer anderen Fortbildungsveranstaltung erlebt, dass 20-minütige Impulsvorträge gehalten wurden. In kürzester Zeit kann man auf diesem Weg wirklich geballtes Wissen vermittelt bekommen und dieses auch sehr gut behalten. Die Informationen ließen sich gut verdauen, denn man hatte zwischen den Vorträgen jeweils eine fünfminütige Pause, bevor der nächste Vortrag an der Reihe war. Das Konzept empfand ich als sehr produktiv. Auf der anderen Seite bin ich mir nicht sicher, inwieweit das auf unser Fach angewandt werden könnte – in O und U gibt es so viele verschiedene große Themengebiete, die man wahrscheinlich splitten müsste.

Ganz neu ist die Event-App. Wie hast Du diese wahrgenommen? Empfindest Du den Einsatz als geglückt?
Predel:
Auf jeden Fall. Besonders toll fand ich den Einsatz beim Kindertraumatologie-Vortrag aufgrund der Fallbeispiele und der Fragen dazu. Anhand der Beantwortung der Fragen konnten wir nachvollziehen, wer an den Fall konservativ, wer operativ rangehen würde. Für die Entscheidungsfindung dieser Kernfrage war die App super.

Bernadett, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Janosch Kuno, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BVOU.



Ärztetag: Wahlen, Weiterbildung, Wohlergehen von Ärzten

Münster – Der Deutsche Ärztetag (DÄT) ist immer wieder für Überraschungen gut. Das zeigte sich beim 122. Treffen des „Parlaments der Ärzte“ Ende Mai in Münster. Kurz zuvor hatte sich der 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (MB), Rudolf Henke, noch Dr. Martina Wenker als Favoritin der Klinikärztegewerkschaft und als erste Frau an die Spitze der Bundesärztekammer (BÄK) gewünscht: „Meine Prognose ist, dass das auch geschehen wird.“ Doch die Delegierten entschieden anders: Sie wählten den Hausarzt, Vorsitzenden des Hartmannbunds und Vizepräsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Klaus Reinhardt, zum neuen BÄK-Präsidenten.

Wunschtrio mit Klaus Reinhardt wird an die Spitze gewählt

Vorgänger Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery hatte nicht mehr kandidiert. Reinhardt hatte sich im Wahlkampf in einem Trio mit der Kinderchirurgin Dr. Heidrun Gitter (Präsidentin der Ärztekammer Bremen) und der HNO-Ärztin Dr. Ellen Lundershausen (Präsidentin der Landesärztekammer Thüringen) beworben – und konnte auch seine beiden Wunsch-Vizepräsidentinnen durchsetzen. Alle drei siegten allerdings knapp.

Montgomery: Kritik an TSVG und nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen

Der DÄT hatte auch dieses Mal eine Vielzahl von Themen und Anträgen zu bewältigen. Schon bei der feierlichen Eröffnung am 28. Mai zeigte sich, was die Ärzteschaft derzeit umtreibt. Noch-Präsident Montgomery kritisierte unter anderem die 25-Wochenstunden-Regelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) und die Fülle an Gesetzesentwürfen zu nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen. Damit würden am Rande ärztlicher Tätigkeit neue Berufe kreiert und die Professionalität des Arztberufs ausgehöhlt. Bei der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) war am Tag zuvor bereits der Direktzugang zu Physiotherapeuten kritisch diskutiert worden. Auch das Thema Digitalisierung sprach Montgomery an: Sie könne viel Gutes bewirken, dürfe aber nicht zur Substitution ärztlicher Tätigkeit führen.

Spahn: Rund eine Milliarde Euro mehr an Honorar

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ging auf die Kritikpunkte Montgomerys in seiner Rede ein. Er ließ sich auch durch einen kurzzeitigen Licht- und Stromausfall nicht aus dem Konzept bringen. Im Hinblick auf die 25-Stunden-Regelung verwies er darauf, dass Terminprobleme für viele Menschen im Alltag relevant seien und nicht nur gefühlt. 90 Prozent der Ärzte sagten sogar, sie seien gar nicht betroffen, weil sie sowieso mehr arbeiteten. Außerdem stehe Entsprechendes nun einmal im Koalitionsvertrag. Er wolle aber auch darauf verweisen, dass es für zusätzliche Leistungen nun mehr Geld gebe, rund eine Milliarde Euro. In Bezug auf die Sorgen beim Thema nicht-ärztliche Gesundheitsberufe zeigte Spahn grundsätzlich zwar ein gewisses Verständnis, verwies aber auch auf den steigenden Versorgungsbedarf. Außerdem habe man Wünsche der Ärzteschaft aufgegriffen, zum Beispiel bei der geplanten Ausbildungsreform der Psychotherapeuten. Der Minister riet den Ärzten, das gute Miteinander mit den Gesundheitsberufen zu suchen und „konstruktiv bis in die Wortwahl“ zu sein.

Leitantrag: Stärkung der Freiberuflichkeit, Kooperation bei klaren Verantwortlichkeiten

Im Leitantrag des Ärztetags wird die Politik gleichwohl aufgefordert, Einschnitte in die Selbstverwaltung und damit freiheitliche ärztliche Berufsausübung zu unterlassen und die Stärkung der Freiberuflichkeit zur Richtschnur politischen Handelns zu machen. An anderer Stelle heißt es: „Die Ärzteschaft unterstützt und fördert die Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen bei klaren Verantwortlichkeiten. Sie lehnt aber politische Bestrebungen ab, aus vornehmlich ökonomischen Gründen originäre ärztliche Tätigkeiten auf nicht-ärztliche Gesundheitsberufe zu verlagern.“

Überlastung bei vielen: Wenn die Arbeit Ärzte krank macht

Ein eigener Tagesordnungspunkt war dem Thema „Wenn die Arbeit Ärzte krank macht“ gewidmet. Drei namhafte Referenten trugen vor, worin gesundheitliche Belastungen für Ärzte bestehen, wie die beruflichen Rahmenbedingungen geändert und welche Präventionsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Dabei wurde deutlich, dass Personalnot, Arbeitsverdichtung und Wettbewerbsdruck zu körperlicher und auch emotionaler Überlastung führen. Betroffen seien viele, hieß es in Münster: Unter Krankenhausärzten beklagten bei einer MB-Befragung drei Viertel eine berufliche Überlastung. In einer weiteren Befragung gab ein Fünftel der Krankenhausärzte an zu erwägen, ihre ärztliche Tätigkeit aufzugeben. Auch unter niedergelassenen Ärzten fühlen sich viele ausgebrannt, wie eine Befragung der KBV aus dem Jahr 2018 zeigt. Im Leitantrag zu diesem Tagesordnungspunkt wird in einer Vielzahl konkreter Punkte gefordert, gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen.

eLogbuch Weiterbildung: Start theoretisch ab 1. Juli 2019 möglich

Bereits auf dem zurückliegenden Ärztetag in Erfurt wurde eine Novellierung der (Muster-) Weiterbildungsordnung beschlossen. Eine wesentliche Neuerung sieht vor, den Kompetenzzuwachs während der ärztlichen Weiterbildung verpflichtend kontinuierlich in einem elektronischen Logbuch zu dokumentieren. In Erfurt hatten die Delegierten die BÄK aufgefordert, mit einem externen Auftragnehmer ein betriebsfähiges Produkt für die Umsetzung eines eLogbuchs zu entwickeln.

In Münster nahm der Ärztetag nun den Sachstandsbericht zustimmend zur Kenntnis und empfahl den Landesärztekammern, die Dokumentation im eLogbuch vorzusehen. Das neue System kann theoretisch ab 1. Juli 2019 an den Start gehen, falls die neue Weiterbildungsordnung in einer Kammer schon umgesetzt beziehungsweise von der jeweiligen Aufsichtsbehörde genehmigt ist. In den Diskussionen wurde allerdings klar, dass es sich um ein noch unfertiges Tool handelt, das sich in der Praxis erst beweisen muss. Mit Hilfe mehrerer Anträge formulierten die Delegierten weitere Bedingungen an den Einsatz: Das eLogbuch solle nutzerfreundlich, transparent und für den Wechsel zwischen Kammern kompatibel gestaltet werden. Die Möglichkeit zur anonymen Evaluation der Weiterbildung solle idealerweise damit kombiniert werden können.

Finanzen: KBV will Anteile am Deutschen Ärzteverlag verkaufen

Der Deutsche Ärztetag befasste sich darüber hinaus mit einer Vielzahl weiterer Themen, wie an der großen Anzahl der Anträge sichtbar wurde. Er diskutierte und verabschiedete zudem wie jedes Jahr die Haushalts- und Finanzplanung der BÄK. Offen angesprochen wurde unter anderem die Zukunft des Deutschen Ärzteverlags und damit des Deutschen Ärzteblatts. Demnach wird seit rund einem Jahr darüber verhandelt, ob die BÄK die Anteile der KBV am Verlag übernimmt. Derzeit halten beide je zur Hälfte Gesellschafteranteile. Der Verkaufswunsch der KBV wird mit Auflagen aus dem GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz begründet. Danach muss sich die KBV, verkürzt dargestellt, auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und darf keine Beteiligungen wie die an einem Verlag mehr halten.

Autoren: Sabine Rieser/ Dr. Klaus Thierse (eLogbuch)

Ärztetag: Kompetenz aus Orthopädie und Unfallchirurgie

Münster – Mehr Dynamik – die will der neue Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Klaus Reinhardt, erzeugen. Kurz nach dem Ende des Ärztetags erklärte er in einem Kurzstatement vor Medienvertretern, es sei wichtig, das, was man anfassen wolle, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, den Landesärztekammern und den ärztlichen Verbänden zu tun: „Es muss hier mehr Dynamik entstehen. Wir müssen öfters Positionen gemeinsam vertreten.“ Mit geschlossenen Lösungsvorschlägen könne man sich auch besser politisch positionieren.

Auf diesem Weg kann das neue Trio an der Spitze der BÄK auf mehrfache Kompetenz aus O und U zurückgreifen. Der BÄK-Vorstand setzt sich aus dem Präsidenten, den zwei Vizepräsidentinnen, den Präsident(inn)en der Landesärztekammern und zwei weiteren Ärztinnen/Ärzten zusammen. Derzeit haben gleich vier Vorstandsmitglieder der BÄK einen orthopädisch-chirurgischen Hintergrund.

Dr. Wolfgang Miller ist seit kurzem Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Er ist niedergelassen als Chirurg, Orthopäde und Unfallchirurg in Echterdingen. In der BÄK ist er Mitglied in den zwei Ständigen Konferenzen Berufsordnung und Ärztliche Versorgungswerke.

Sanitätsrat Dr. Josef Mischo, Präsident der Ärztekammer des Saarlands, ist Chirurg mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie. Mischo war überraschend gegen die Kinderchirurgin Dr. Heidrun Gitter angetreten, die sich für den Posten als 1. Vizepräsidentin bewarb und zunächst keinen Gegenkandidaten hatte. Er wolle zeigen, dass er bereit sei, sich ebenfalls zu engagieren, hatte der Saarländer in seiner Bewerbungsrede gesagt. Mischo beschrieb sich als eher ruhigen, aber konsequenten Typ. Im vergangenen Jahr hatte er beim Ärztetag als Vorsitzender des BÄK-Ausschusses Berufsordnung die Vorschläge zum Thema Fernbehandlung unterbreitet und mit dazu beigetragen, das schwierige Thema gut über die Bühne zu bekommen.   

Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz ist niedergelassener Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und als Präsident der Ärztekammer Brandenburg ebenfalls Mitglied im Vorstand der BÄK. Bis zu seiner Wahl in dieses Amt war er Vorstandsmitglied im BVOU. Schulz ist Mitglied der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der Bundesärztekammer sowie stellvertretendes Mitglied von deren Ständiger Konferenz „Gutachterkommissionen/Schlichtungsstellen“.

Auch die Chirurgie ist unter den Ärztekammerpräsidenten im BÄK-Vorstand gut vertreten: Mit dem Chirurgen Dr. Günther Jonitz (Präsident der Ärztekammer Berlin), dem Thoraxchirurgen Dr. Günther Matheis (Ärztekammer Rheinland-Pfalz) und dem Chirurgen Dr. Theo Windhorst (Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe).

Windhorst war dieses Jahr Gastgeber des Ärztetags in Münster. Er nutzte seine Begrüßung zu einer längeren Rede und betonte gegenüber den anwesenden Politikern, die Ärzte wollten keine Politik der Drohungen und Bestrafungen. Politik könne auch anders, und das wünsche man sich. Statt der oft gewählten Streicher für die musikalische Untermalung der Eröffnung hatte sich Windhorst für ein Kontrastprogramm entschieden: Er ließ neun Trommler, die „Fascinating Drums“, lautstark auftreten. Als Paukenschlag wurde einige Tage später auch seine Wahlempfehlung für die BÄK-Spitze empfunden: Obwohl Marburger-Bund-Mann, sprach der Westfalen sich nicht für die MB-Kandidatin Dr. Martina Wenker aus, sondern für Reinhardt, seinen Vizepräsidenten in der Kammer.

Sabine Rieser, Fachjournalistin, Berlin




Interview mit dem neuen BÄK-Präsidenten Dr. Klaus Reinhardt

Der 122. Deutsche Ärztetag hat letzte Woche in Münster Dr. Klaus Reinhardt zum neuen Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK) gewählt. Der 59-jährige Facharzt für Allgemeinmedizin tritt damit die Nachfolge von Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery an.

Quelle: Bundesärztekammer.de