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DiGA: Digitalisierung ja – aber für alle

Pressemitteilung vom 22.03.2022: Keine Investitionen in veralteten Elektroschrott:
Orthopäden und Unfallchirurgen fordern Betriebspause der Telematikinfrastruktur und Stopp aller Sanktionen

Berlin – Der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e.V. begrüßt, dass im Zuge der Digitalisierung des Gesundheitswesens Apps vom Vertragsarzt rezeptiert werden können, kritisiert jedoch gleichzeitig die mangelnde Integration des Faches Orthopädie und Unfallchirurgie sowie die Umsetzung in die Praxis.

Die Digitalisierung ist eine große Chance für die Gesundheitsversorgung: Die Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte sind der Meinung, dass Arztpraxen und Krankenhäuser ihre Kosten mithilfe digitaler Technologien senken und die Prävention verbessern können – so auch durch den Einsatz von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Im Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie hat sich dabei bisher jedoch nicht viel getan:

„Der Blick ins DiGA-Verzeichnis unter www.bfarm.de/diga weist nur zwei für Erkrankungen am Bewegungsapparat zugelassene Anwendungen auf. Das ist noch viel zu wenig“, stellt Dr. Burkhard Lembeck, Orthopäde und Unfallchirurg in Ostfildern und BVOU-Kongresspräsident des Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2021 fest. Weiterer Kritikpunkt: Die fehlende individuelle Abstimmung der von der App vermittelten Inhalte auf den zu behandelnden Patienten. Während sich der Gesetzgeber einen positiven Effekt in der Versorgung von Patienten verspricht, gehen DiGA in der derzeitigen Form am Behandlungsalltag vorbei. Dr. Lembeck: „Die meisten Apps lassen Patienten mit der Therapie und auftretenden Problemen allein im heimischen Wohnzimmer. Fachärzte sollten vielmehr über die gesamte Dauer der App-Nutzung in Indikationsstellung, Therapieentscheidung und -steuerung einbezogen werden. Außerdem sollten durch permanentes Feedback über den Fortschritt des Patienten informiert werden und sich mit diesem austauschen können.“

Hohe Kosten, schlechte Vergütung

Der schleppende DiGA-Start verwundert nicht, denn die Entwickler scheuen den aufwändigen Zulassungsprozess. Kostenträger kritisieren zurecht maßlos überteuerte Preise: Für bereits zugelassene DIGA fallen beispielsweise einmalige Kosten in Höhe von fast 250€ und bei weiterer Nutzung für zusätzliche 90 Tage erneut derselbe Betrag an.

Der Preis der App entspricht somit dem durchschnittlichen Kostenaufwand für fünf Quartale konservativer Orthopädie in der Facharztpraxis oder elf Einheiten individueller Krankengymnastik. Für die Verordnung einer DiGA erhalten Ärzte bei Abrechnung der EBM Ziffer 01470 hingegen lediglich 2,00€.

„Die Motivation von Ärzten, Apps zu derartigen Mondpreisen zu verordnen, liegt bei einer derart krassen Ungleichbehandlung und fehlenden Wertschätzung für die hierfür erforderliche motivationale Beratung und Begleitung des Patienten nahezu bei Null und die Nichtverordnung vielmehr Ausdruck einer Protesthaltung“, so Dr. Lembeck. „Wünschenswert wäre dagegen eine sinnvolle durchdachte Art der Digitalisierung, die durch hybride Versorgungsmodelle allen Seiten etwas nützt, anstatt Patienten mit digitalen Anwendungen quasi allein zu lassen.“

Kontakt für Rückfragen
Janosch Kuno
Kommunikation und Pressearbeit
Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU e.V.)
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 797 444 55
Fax +49 (0)30 797 444 45
E-Mail: presse@bvou.net
www.bvou.net

Neue Vergütungen ärztlicher Berichte nach JVEG

Wertheim – Das Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) wurde zum 1.1.2021 durch das Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 21.12.2020 geändert. Dieses wurde am 29.12.20 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Für uns in Orthopädie und Unfallchirurgie ist die Abrechnung nach JVEG insbesondere bei Gerichtsgutachten sowie bei Befundberichten an Sozialgerichte von Relevanz. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG bemisst sich das Honorar des Sachverständigen nach Anlage 1. Medizinische Gutachten werden in Teil 2 der Anlage 1 in die Honorargruppen M1 bis M3 klassifiziert mit unterschiedlichen Stundensätzen. Die Gebühren nach wurden leicht erhöht. Aktuell gelten die in den Tabellen 1 und 2 aufgeführten Gebührensätze.

Tab. 1: Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG, Teil 2, Medizinische Gutachten

Honorar-gruppe Gegenstand medizinischer oder psychologischer Gutachten Stundensatz in €
M1 Einfache gutachtliche Beurteilungen ohne Kausalitätsfeststellungen, insbesondere

1.       in Gebührenrechtsfragen (z. B. Streitigkeiten bei Krankenhaus-abrechnungen),
2.       zur Verlängerung einer Betreuung oder zur Überprüfung eines angeordneten Einwilligungsvorbehalts nach §1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.       zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung.

80,00
M2 Beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten

1.         in Verfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch,
2.         zur Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit in Verfahren nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch,
3.         zu rechtsmedizinischen und toxikologischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Feststellung einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch Alkohol, Drogen, Medikamente oder Krankheiten,
4.         zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z. B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen),
5.         zu einfachen Fragestellungen zur Schuldfähigkeit ohne besondere Schwierigkeiten der Persönlichkeitsdiagnostik,
6.     zur Einrichtung oder Aufhebung einer Betreuung oder zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts nach §1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
7.     zu Unterhaltsstreitigkeiten aufgrund einer Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit,
8.     zu neurologisch-psychologischen Fragestellungen in Verfahren nach der Fahrerlaubnis-Verordnung,
9.     zur Haft-, Verhandlungs- oder Vernehmungsfähigkeit.

90,00
M3 Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten

1.         zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen,
2.         zu ärztlichen Behandlungsfehlern,
3.         in Verfahren nach dem sozialen Entschädigungsrecht,
4.         zur Schuldfähigkeit bei Schwierigkeiten der Persönlichkeitsdiagnostik,
5.         in Verfahren zur Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (in Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis zu neurologisch/psychologischen Fragestellungen),
6.         zur Kriminalprognose,
7.         zur Glaubhaftigkeit oder Aussagetüchtigkeit,
8.         zur Widerstandsfähigkeit,
9.         in Verfahren nach den §§3, 10, 17 und 105 des Jugendgerichts-gesetzes,
10.     in Unterbringungsverfahren,
11.     zur Fortdauer der Unterbringung im Maßregelvollzug über zehn Jahre hinaus,
12.     zur Anordnung der Sicherungsverwahrung oder zur Prognose von Untergebrachten in der Sicherungsverwahrung,
13.     in Verfahren nach den §§1904 und 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
14.     in Verfahren nach dem Transplantationsgesetz,
15.     in Verfahren zur Regelung von Sorge- oder Umgangsrechten,
16.     zu Fragestellungen der Hilfe zur Erziehung,
17.     zur Geschäfts-, Testier- oder Prozessfähigkeit,
18.     in Aufenthalts- oder Asylangelegenheiten,
19.     zur persönlichen Eignung nach §6 des Waffengesetzes,
20.     zur Anerkennung von Berufskrankheiten, Arbeitsunfällen, zu den daraus folgenden Gesundheitsschäden und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch,
21.     zu rechtsmedizinischen, toxikologischen oder spurenkundlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer abschließenden Todesursachenklärung, mit ärztlichen Behandlungsfehlern oder mit einer Beurteilung der Schuldfähigkeit,
22.     in Verfahren nach dem Transsexuellengesetz.

120,00

 

  • 10 JVEG regelt, dass sich das Honorar für Leistungen aus Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage zur GOÄ) in entsprechender Anwendung nach dem 1,3fachen Gebührensatz bemisst.

Tab. 2: Auszug aus Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 S. 1 JVEG, Befundberichte und kurze gutachterliche Äußerungen

Nr. Bezeichnung der Leistung Honorar in €
200 Ausstellung eines Befundscheins oder Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtliche Äußerung 25,00
201 Die Leistung der in Nummer 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich Bis zu 55,00
202 Ausstellung eines Zeugnisses über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder eines Formbogengutachtens, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund beschränkten und nur ein kurzes Gutachten erfordern 45,00
203 Die Leistung der in Nummer 202 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich Bis zu 90,00

 

Für angeforderte Kopien werden weiterhin 0,50€ je Seite für die ersten 50 Seiten und 0,15€ für jede weitere Seite, für die auf ausdrücklichen Wunsch des Gerichts erfolgte Anfertigung von Farbkopien 1,00 € für die ersten 50 Seiten und 0,30€ für jede weitere Seite ersetzt (§ 7 Abs. 2 S. 1 JVEG).  Ebenso werden Portoauslagen erstattet. § 12 JVEG regelt darüberhinaus, was als Ersatz für besondere Aufwendungen geltend gemacht werden kann, wie beispielsweise 2€ je Foto und, wenn die Fotos nicht Teil des schriftlichen Gutachtens sind, 0,50€ für den zweiten und jeden weiteren Abzug oder Ausdruck eines Fotos. Als Schreibgebühren werden je angefangene 1.000 Anschläge bei den medizinischen Gutachten nach Anlage 1 Teil 2 JVEG und Befundberichten nach Anlage 2 JVEG 1,50€ ersetzt. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen können Sachverständige auch eine Pauschale in Höhe von 20% des Honorars fordern, jedoch höchstens 15€. Sofern die auf Gutachten anfallende Umsatzsteuer nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetztes unerhoben bleibt, wird auch die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer erstattet. Der Anspruch auf Entschädigung erlischt, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten bei der anfordernden Stelle geltend gemacht wird, beginnend ab Eingang der erteilten Auskunft dort.

In einer Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 26.2.2020 zum Referentenentwurf hatte diese die Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung begrüßt, jedoch auch in Teilen kritisiert. Obwohl die BÄK eine differenziertere Einteilung in M1-M4 empfohlen mit Stundensätzen zwischen 85,00 und 150,00 € empfohlen hatte, ist es bei den bisherigen 3 Kategorien mit nun angehobenen Stundensätzen zwischen 80,00 und 120,00 € geblieben. Auch sind z. B. die Gutachten in Gebührenrechtfragen in der Kategorie M1 verblieben, obwohl sie hinsichtlich Schweregrad und Umfang einfache Fragestellungen sicher übersteigen. Ebenso ist man einer Forderung nach Anwendung der in der GOÄ vorgesehenen Steigerungssätze mindestens bis zum dort vorgesehenen Schwellenwert für Röntgen- und Sonografieleistungen nicht nachgekommen. Schreibgebühren bleiben auf der Basis einer Normseite nach DIN 1422 mit 60 x 30 = 1.800 Anschlägen im Vergleich zur Nr. 190 UV-GOÄ mit 4,50€ noch unterbewertet.

Dr. med. Karsten Braun, LL. M
BVOU-Referat Presse/Medien