Berlin – Beim Rollout der Telematikinfrastruktur (TI) kommt es noch immer zu Verzögerungen. Nach wie vor gibt es keine von der gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte) zugelassenen TI-Komponenten wie Konnektoren und E-Health-Kartenterminals. Dies kritisierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Thomas Kriedel vergangene Woche beim 23. KBV-Anbietermeeting, dem Treffen der KBV mit den Praxissoftwareherstellern, wie das „Deutsche Ärzteblatt“ (DÄ) berichtete. Ein neues Zulassungsprozedere soll den Rollout der TI und der geplanten Anwendungen nun beschleunigen.
„Wir haben als Gesellschafter der gematik Ende Juni die Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen, damit sind dafür die Voraussetzungen geschaffen worden. Jetzt liegt es an der Industrie zu liefern“, so Kriedel. Das sei kein leichter Job, aber die Gesellschafter und die Ärzte seien mit Sanktionen bedroht, wenn die Technik nicht rechtzeitig in den Praxen für das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) eingesetzt werden könne. „Wir als KV-System stehen eindeutig zur TI und wollen auch die medizinischen Anwendungen dafür vorantreiben“, bekräftigte er dem DÄ zufolge.
Industrie soll direkt mit der Produktentwicklung starten können
In der Vergangenheit seien Erprobungsmaßnahmen für die Dienste und Komponenten der TI ausgeschrieben worden, erläuterte Alexander Beyer, Geschäftsführer der gematik, bei dem Anbietermeeting. Mit der Beauftragung hätten jedoch einzelne Hersteller dadurch, dass sie in die Erprobung involviert gewesen seien, im Markt Vorteile erlangt, etwa durch den Know-how-Vorsprung und die finanzielle Unterstützung während der Erprobung. Hinzu gekommen seien zeitliche Verzögerungen durch die diversen Erprobungs-, Auswertungs- und Spezifizierungsprozesse, bis die Industrie habe produzieren können.
Künftig sollen die Spezifikationen und Anforderungen, etwa für die Anwendungen Notfalldaten und elektronischer Medikationsplan, ohne Ausschreibung frei zur Verfügung gestellt werden, berichtet das DÄ. Dies soll es der Industrie ermöglichen, direkt mit der Produktentwicklung zu beginnen. Nach erfolgreich absolviertem Labortest erhielten die Hersteller zunächst eine eingeschränkte Zulassung für einen Feldtest mit einer beschränkten Anzahl von Leistungserbringern, um nachzuweisen, dass ihre Produkte funktionsfähig und interoperabel seien. Sofern alle Anforderungen erfüllt sind und der Feldtest erfolgreich war, erhält der Anbieter von der gematik die Zulassung für den Regelbetrieb, so das DÄ.
Entscheidend sei laut KBV-Vorstand Kriedel dabei ein verbindlicher Wettbewerbsrahmen für alle. „Es wird sich zeigen, ob das Modell dafür geeignet ist“, erklärte er. Wenn es jetzt nicht gelinge, gemeinsam die Produkte zu entwickeln und rechtzeitig in den Markt zu bringen, dann werde die KBV vom Gesetzgeber das Recht einfordern, selbst Produkte zu entwickeln, und sich für eine Fristverlängerung einsetzen. „Der Ärger kann nicht bei den Ärzten hängen bleiben“, sagte Kriedel. Die Interoperabilität lasse zurzeit noch zu wünschen übrig.
Erste zugelassene Produkte im Oktober erwartet
Beyer zufolge gibt es jedoch auch Fortschritte beim Rollout der TI. So habe man in der Testregion Nordwest in der realen Versorgungssituation anhand von mehr als einer Million Onlineprüfungen der Versichertenstammdaten nachweisen können, dass die technischen Vorgaben der gematik funktionierten, berichtet das DÄ. Die Technik sei „produktivbetriebsreif“, die wissenschaftliche Evaluation des Tests sei abgeschlossen, sodass jetzt für den Produktivbetrieb entwickelt werden könne.
„Wir gehen davon aus, dass die erste Produktkette im Oktober verfügbar ist“, erläuterte Beyer. Dazu zählen unter anderem der Konnektor, der VPN-Zugangsdienst, das Kartenterminal (KT) und die Institutionskarte (SMC-B). Damit könne der Rollout starten. Im nächsten Jahr um diese Zeit werde die Infrastruktur schon fast zu 100 Prozent ausgerollt sein, habe sich Beyer zuversichtlich gegeben. Die medizinischen Anwendungen Notfalldaten und elektronischer Medikationsplan stünden kurz vor dem realen Feldtest. Zudem sollen die Planungen für das elektronische Patientenfach und die elektronische Patientenakte konkretisiert werden, wie das DÄ berichtet.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt