Berlin – Mit der Zulassung der ersten technischen Komponenten durch die gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH) begann Ende letzten Jahres der Online-Rollout der Telematikinfrastruktur (TI). Bis 31. Dezember 2018 müssen sich alle Arztpraxen dem Gesetzgeber zufolge nun an das sichere Gesundheitsnetz anschließen. Doch nach wie vor gibt es für die benötigten Geräte und Dienste nur jeweils einen zugelassenen Hersteller.
Als erste Anwendung der TI ist das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) ab 1. Januar 2019 für alle Praxen Pflicht. Über die notwendige technische Ausstattung, die zeitlichen Fristen und Erstattungspauschalen für die TI informierte der BVOU im Infobrief 3/2017 sowie dauerhaft im BVOU-Dossier Telematik.
Mehrere tausend Praxen bereits angeschlossen
Seit Mitte November 2017 sind die ersten Komponenten zugelassen: der Konnektor „KoCoBox MED+“ des Unternehmens KoCo Connector, das E-Health-Kartenterminal „ORGA 6141 online“ des Unternehmens Ingenico Healthcare und der VPN-Zugangsdienst des Unternehmens CompuGroup Medical Deutschland. Anfang Dezember folgte schließlich die Zulassung der Bundesdruckerei als Anbieter von elektronischen Praxisausweisen (SMC-B-Karten) für Ärzte und Psychotherapeuten. Ein mobiles E-Health-Kartenlesegerät wurde bisher noch nicht zugelassen.
Die Bundesdruckerei habe eigenen Angaben zufolge bereits 5.000 Praxisausweise produziert und zugestellt, berichtete das „Deutsche Ärzteblatt“ (DÄ) Ende Januar. Auch die CompuGroup Medical sprach dem DÄ gegenüber von mehreren tausend erfolgreichen TI-Installationen in deutschen Praxen. Das Thema TI-Anbindung nehme bei den Ärzten Fahrt auf und das Unternehmen sei zuversichtlich, alle eigenen Kunden bis Ende 2018 angeschlossen zu haben.
Insgesamt müssen sich bis dahin allerdings mehr als 100.000 Arzt- und Psychotherapeutenpraxen an die TI angeschlossen haben, sonst drohen ihnen Honorarabzüge – ein ambitionierter Zeitplan, wie auch Dr. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Interview mit dem DÄ Ende Januar noch einmal betonte. Denn nach wie vor seien am Markt keine Produktalternativen vorhanden.
Weitere Produkte und Komplettpakete ab dem Frühjahr erwartet
Allerdings sei die KBV zuversichtlich, dass spätestens im II. Quartal 2018 weitere Hersteller auf den Markt kommen würden. Im Zulassungsprozess der gematik befinden sich derzeit die Unternehmen Secunet und RISE (Konnektoren) sowie T-Systems (Konnektor und Praxisausweis), Cherry (Stationäres Kartenterminal) und Medisign (Praxisausweis). Sollte es allerdings wider Erwarten zu weiteren Verzögerungen auf Seiten der Industrie kommen, werde die KBV beim Gesetzgeber intervenieren, so Kriedel.
Erster Ansprechpartner für jede Arztpraxis sollte gematik und KBV zufolge der eigene IT-Dienstleister bzw. der Hersteller des Praxisverwaltungssystems (PVS) sein, denn auch das PVS muss vor dem Anschluss an die TI zunächst aktualisiert werden. Wie das DÄ berichtet, planen mehrere Softwarehäuser, Komplettpakete für alle Geräte und deren Installation anzubieten, ebenfalls voraussichtlich ab Beginn des zweiten Quartals, darunter medatixx, Duria und Medisoftware.
Vor dem Abschluss eines Vertrages sollten Ärzte die Angebote der Hersteller genau prüfen, empfiehlt die KBV. Es sollte vertraglich geregelt sein, in welchem Quartal die Geräte installiert werden. Außerdem sollten Praxen prüfen, ob die anfallenden Kosten durch die Finanzierungspauschalen gedeckt werden. Dies ist wichtig, da sich die Höhe der Erstattung für den Konnektor nach dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der neuen Technik in der Praxis richtet.
Bevor die Installation erfolgen kann, muss jeder Arzt einen Praxisausweis, die sogenannte SMC-B-Karte zur Identifizierung im Netzwerk, bei einem zugelassenen Hersteller beantragen. Praxen sollten der KBV zufolge mit etwa zwei Wochen Wartezeit von der Antragsstellung bis zum Empfang von Karte und PIN rechnen.
Schneller Rollout von Notfalldatensatz und elektronischem Medikationsplan
Um die Umsetzung des E-Health-Gesetzes weiter voranzubringen, sollen schnellstmöglich auch erste medizinische Anwendungen neben dem VSDM für die elektronische Gesundheitskarte verfügbar sein. Dabei handelt es sich zunächst um den Notfalldatensatz und den elektronischen Medikationsplan.
Um die technische Entwicklung und Zulassung dieser Anwendungen zu beschleunigen, haben sich die gematik-Gesellschafter Ende Dezember letzten Jahres auf ein neues Zulassungsverfahren geeinigt. Demzufolge soll die Phase der Feldtests verknappt und zudem direkt in den Zulassungsprozess integriert werden. Auch die notwendigen technischen Spezifikationen für die Anwendungen habe die gematik bereits veröffentlicht, so eine Pressemitteilung der Gesellschaft. Nun könne die Industrie mit der Entwicklung der Produkte starten.
Etwa zeitgleich haben KBV und GKV-Spitzenverband außerdem die Vergütung des Notfalldatenmanagements mit drei neuen Gebührenordnungspositionen (GOP) im EBM beschlossen. Die Vereinbarung sieht ab 1. Januar 2018 eine Vergütung von 8,52 Euro für die Erstanlage (GOP 01640), 43 Cent für die Aktualisierung (GOP 01641) und 11 Cent für die Löschung (GOP 01642) eines Notfalldatensatzes vor.