Aufforderungen zu Buchrezensionen komme ich immer gerne nach, es ist anregend, wird man doch mit vielen Themen konfrontiert, die sonst vielleicht kein Augenmerk bekommen hätten. Das vorliegende Buch lud mich aber zunächst nicht ein: „Warum muss ein Mann über Chirurginnen schreiben…“ – es ärgerte mich und blieb liegen – sichtbar.
Aber ich schaute immer wieder drauf und dann endlich auch einmal hinein. Es nahm mich schnell gefangen, denn so wie es Frau Prof. Henne-Bruns im Vorwort beschreibt, was für Lebensläufe wurden hier vor dem inneren Auge bebildert! Gemeinsam ist ihnen, es gab je nach Epoche verschiedenste Widerstände zu überwinden und ja, die letztendlich resultierenden Wege sind alles, aber nicht geradlinig. Welch Irrungen und Wirrungen doch das akademische Leben über viel zu lange Zeit prägten, sehr oft zu Lasten von Frauen! An vielen Punkten begann ich parallel Einzelheiten im Internet zu recherchieren, denn trotz guter geschichtlicher Kenntnisse ergeben sich mannigfaltige Anregungen die angesprochenen Lebensumstände etwas genauer zu erkunden.
Für wen ist dies Buch zu empfehlen? Zu allererst für politische EntscheidungsträgerInnen! Zeigt sich doch wie in verschiedenen Kulturen und politischen Systemen die Behinderung von Frauen gelebt wurde und ja, leider wohl noch immer gelebt wird.
Kann dieses Buch Schülerinnen und Studierende für die Chirurgie begeistern? Hier befürchte ich, das die abstoßenden Kräfte der im Studium erlebten klinischen Realität, welche regelhaft als unvereinbar mit der gewünschten Lebensführung wahrgenommen wird, einen größeren Einfluss hat, als dies jede Schrift könnte.
Und was ist mit der Unfallchirurgie und Orthopädie? Gab es da wirklich so wenige (erfolgreiche) Damen in der Vergangenheit? Diese Frage stelle ich mir seit Jahrzehnten. Ich hatte vor einigen Jahren begonnen erste Kontakte innerhalb der AO für dieses Thema zu interessieren, doch Umstrukturierungen und Übernahmen machten dies wieder zunichte, ohne finanzielle und personelle Unterstützung geht solch ein Projekt nicht.
Ich würde mir wünschen, das viele Menschen dieses Buch lesen und eigene Anregungen bekommen, zum Nachdenken, für Recherchen und als Auslöser für ein neues Miteinander in der Chirurgie, das Fach ist zu faszinierend, um es nicht zu versuchen!
Prof. Dr. Almut Tempka