Dortmund – Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe und die AOK NORDWEST haben vor kurzem eine Kooperation vereinbart, um die elektronische Arztvisite (elVi) auszuweiten und damit digitale Versorgungsformen in der Region weiter voranzubringen. In einem Modellprojekt mit einem Ärztenetz, zu dem auch mehrere Orthopäden und Unfallchirurgen gehören, sowie 15 Pflegeheimen war das System für Online-Videosprechstunden zuvor erfolgreich getestet worden.
Auf Beschluss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbandes können Vertragsärzte seit April dieses Jahres Videosprechstunden als neue telemedizinische Leistung durchführen und abrechnen. In verschiedenen regionalen Pilotprojekten wurde die neue Form der Arzt-Patienten-Kommunikation schon vorher erprobt, unter anderem vom Ärztenetz „Medizin und Mehr“ in Bünde. Nach dem erfolgreichen Testlauf soll die dort entwickelte elVi nun sukzessive auch auf andere Praxisnetzregionen in Westfalen-Lippe ausgeweitet werden. Dafür hat die dortige KV mit der AOK NORDWEST kürzlich einen Vertrag geschlossen. Ziel ist die Verbesserung der Versorgung in der Region und die Entlastung niedergelassener Ärzte.
Digitale Angebote: Ärzte sind aufgeschlossen, aber zurückhaltend bei Nutzung
Wie eine bundesweite Umfrage des Digitalverbands Bitkom und des Hartmannbundes kürzlich zeigte, stehen Ärzte digitalen Technologien in der Medizin zunehmend offen gegenüber. Demnach sehen sieben von zehn Ärzten die Digitalisierung als große Chance für die Gesundheitsversorgung, vor allem im Hinblick auf die Zeitersparnis und die Verbesserung von Behandlungsmöglichkeiten. Nichtsdestotrotz würden digitale Angebote gerade in Arztpraxen bisher nur selten genutzt: Online-Videosprechstunden führen demnach nur vier Prozent der niedergelassenen Ärzte durch.
Verlaufskontrollen vereinfachen, Bagatellbesuche vermeiden
Dabei kann die elektronische Visite Ärzte, aber auch Patienten und Pflegepersonal unterstützen und entlasten, wie die Mediziner des Bünder Ärztenetzes in ihrem Pilotprojekt festgestellt haben. So konnten zum Beispiel einzelne Verlaufskontrollen nach einer OP schnell und unkompliziert mittels der elektronischen Visite durchgeführt und schwer kranken oder bettlägerigen Patienten damit ein Teil der häufigen Praxisbesuche und der belastende Transport in die Arztpraxis erspart werden. „Mit Hilfe der Kamera und der Unterstützung der Pflegekraft können wir Operationswunden begutachten, die Mobilität der Schulter nach einer Humeruskopffraktur überprüfen oder auch das Gangbild des Patienten nach einer Hüft-TEP“, erklärte der Bünder Unfallchirurg Peter Rosellen in einem Interview mit dem BVOU. Auch Bagatellbesuche im Pflegeheim oder Krankenhauseinweisungen konnten die Mediziner dank elVi vermeiden.
Nutzung in weiteren Pflegeheimen und in ambulanter Pflege geplant
„Das Projekt hat großes Potential und wird mit dazu beitragen, die medizinische Versorgungsqualität älterer Menschen weiter zu verbessern“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der AOK Nordwest, Tom Ackermann, die nun geplante Ausweitung der elVi. Dafür sollen in den nächsten Monaten zunächst einzelne Arztnetze und Pflegeheime angesprochen werden. Im weiteren Verlauf sei außerdem geplant, auch ambulante Pflegedienste einzubinden.
Weitere Informationen
- Pilotprojekt „elVi“ in Bünde: „Visite per Mausklick – Ärztenetz kooperiert mit Pflegeheimen“
- Kooperation der KV Westfalen-Lippe und der AOK NORDWEST
- Videosprechstunde: Informationen der KBV zu technischen Anforderungen und Vergütung
- Umfrage von Bitkom und Hartmannbund: „Digitale Zukunft als Chance für die Medizin“