Baden-Baden – Orthopäden und Unfallchirurgen in Deutschland sollten sich auf Herausforderungen durch die Versorgung schwerverletzter Terroropfer einstellen. Kooperationen zwischen der Bundeswehr und der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) sowie der 5-Punkte-Plan der DGU könnten helfen, mögliche Anforderungen auf diesem Gebiet zu bewältigen. Darauf hat Prof. Dr. med. Benedikt Friemert bei der 65. Jahrestagung der Vereinigung Süddeutscher Orthopäden und Unfallchirurgen (VSOU) in Baden-Baden hingewiesen. Friemert ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm und Leiter der AG Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie der DGU.
Die Behandlung schwerverletzter Menschen stelle schon bei normalen Unfällen eine Herausforderung dar, sagte Friemert. Doch hierauf ist Deutschland strukturell grundsätzlich vorbereitet, wie er anhand des etliche Jahre zurückliegenden Zugunglücks bei Eschede erläuterte: Damals habe man 25 Minuten gebraucht, um die Lage zu ordnen, innerhalb von drei Stunden seien alle Verletzten in 40 Kliniken gebracht und dort versorgt worden.
„Die Patienten kommen auch unversorgt“
Terroranschläge, so erläuterte der DGU-Experte, stellen die Ärzte schon deshalb vor andere Herausforderungen, weil sie mit anderen Verletzungsmustern einhergehen, beispielsweise Schussverletzungen. Diese können heute im Grunde nur noch Bundeswehrärzte behandeln, die damit aufgrund ihrer Auslandseinsätze vertraut sind. Anschläge beschränken sich zudem oft nicht auf einen Tatort. Dann ist die Frage, welche Patienten wohin zur Behandlung gebracht werden müssen, schwieriger zu beantworten. Bei einem Unfall, so Friemert, kämen Patienten zudem über die Rettungsdienste in die Kliniken und seien bereits vorversorgt. „Das ist bei einem Terroranschlag anders“, stellte er klar. „Dann kommen Patienten auch unversorgt in Klinken und stellen damit Anforderungen, die wir so nicht kennen. Wir werden dann eine Mangelversorgung haben. Eine Verlegung ist zum Beispiel nicht mehr möglich, wenn jemand zu verbluten droht, dann muss ich eventuell auch amputieren.“
Die DGU hat, aufbauend auf ihrem bestehenden „TraumaNetzwerk“, einen 5-Punkte-Plan entwickelt, um notwendiges Fachwissen und organisatorische Hilfestellungen schnell in die Fläche zu bringen. Dazu zählt nach Darstellung von Friemert auch, dass ein Kurssystem entwickelt wurde, um ärztliche Fähigkeiten für den Fall von Terroranschlägen einzuüben und in diesem Ernstfall möglichst viele Patienten retten zu können.
Man habe ein gutes System der Kommunikation etabliert, bestätigte Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Generalsekretär der DGU. Dass Deutschland unter Bedrohung stehen könne, habe man früh realisiert. Die formale Zusammenarbeit mit der Sanitätsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie sei hilfreich.