Ende Februar ist es so weit: Deutschland wählt eine neue Regierung. Wie es künftig um eure Arbeit steht und was die Parteiprogramme für die Medizin bereithalten, hat Richard Hill von DocCheck zusammengefasst.
Der Gesundheitssektor hat vermutlich mehr Baustellen als das Jahr Tage hat. Von Krankenhausreform, Ambulantisierung, Finanzierungsreformen für so ziemlich jeden Gesundheitsberuf, Sicherstellung der GKV-Finanzen, Fragen der Forschung und Arzneimittelversorgung bis zu konkreten Änderungen innerhalb der einzelnen medizinischen Fachbereiche.
Auch wenn Gesundheitspolitik im aktuellen Wahlkampf noch keinen zentralen Platz eingenommen hat, haben die Parteien den Sektor mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf dem Schirm. Die folgenden Zusammenfassungen der Wahlprogramme beziehen sich auf die aktuellen Versionen. Einige Parteien haben bisher noch kein finales Programm. Die ausführlichen Programme zu den Stichpunkten sind hinter den Parteinamen verlinkt.
SPD – Sozialdemokratische Partei Deutschlands
- Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung
- Versicherungsfremde Leistungen sollen verstärkt durch staatliche Mittel finanziert werden
- Entbudgetierung von Hausärzten
- Erleichterte Gründung kommunaler MVZ
- Einführung von Advanced Practice Nurses und Gemeindeschwestern
- Notfallversorgung und Rettungsdienste stärker vernetzen
- Termingarantie der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen einführen
- Gesundheitsdienstleister stärken durch den Ausbau von Telemedizin und Telepharmazie
- ePA ausbauen und digitalisierten Datenaustausch stärken
- Produktion von Arzneimitteln in Deutschland/Europa verbessern
- Prävention psychischer Erkrankungen in den Fokus rücken und Therapieplatz-Angebote steigern
Bündnis 90 / Die Grünen
- Unterschiede von gesetzlich und privat Versicherten verringern
- Programme wie Gemeindegesundheitspfleger und „Medizin auf Rädern“ für ländliche Räume
- Kapitaleinnahmen sollen zur Finanzierung des Gesundheits- und Pflegesystems herangezogen werden
- Notfallversorgung, Rettungsdienst und die Finanzierung der Apotheken reformieren
- Verteilung von niedergelassenen Ärzten enger mit der Krankenhausplanung der Länder verknüpfen
- Bestehende Trennung der Finanzierungssysteme von ambulanter und stationärer Versorgung überwinden
- Sprechstundenanteil für gesetzlich Versicherte erhöhen
- Private Kassen zur Krankenhausfinanzierung bringen
- Pflege stärken durch: Umsetzung höherer Personalschlüssel, bessere Aufstiegschancen und Ausbildungsbedingungen, Angebote im Quartier etablieren.
- Einfluss von Finanzinvestoren auf Gesundheits- und Pflegeversorgung begrenzen
Christlich Demokratische Union – CDU/CSU
- Duales System der gesetzlichen und privaten Kassen beibehalten
- Wettbewerb der Krankenkassen stärken
- Planungshoheit der Länder in Krankenhausversorgung garantieren
- Notfallversorgung und Rettungsdienste stärken – verbunden mit dem Katastrophenschutz
- Haus- und Kinderärzte stärken durch bessere eigene Steuerung der Patienten
- Frauenheilkunde verbessern in Sachen Prävention, Entstehung, Diagnose, Therapie und der Erforschung von Erkrankungen
- Engpässe bei Arzneimitteln und Medizinprodukten abbauen, Standort- und Wettbewerbsbedingungen verbessern und die Entwicklung neuer Produkte erleichtern
- Digitale Gesundheitsanwendungen, ePA und KI in Einklang mit Datenschutz bringen und ausbauen
- Pflege stärken durch: attraktive Arbeitsbedingungen wie planbare Einsatzzeiten und Springerpools zum Abfedern von Belastungsspitzen, Aufstiegsmöglichkeiten, neue Berufsbilder und Anwerbungen im Ausland
Freie Demokratische Partei – FDP
- Digitalisierung im Gesundheitswesen und Verwaltung durch Gesundheits-Apps, Telemedizin und Wearables
- Ambulante Versorgung durch Primärarztsystem stärken
- Krankenhäuser, Ärzte und Rettungsdienst in Notfallreform vernetzen
- Krankenkassen ermöglichen, für Versicherte, die Vorsorge betreiben, einen reduzierten Zusatzbeitrag einzuführen
- alle Leistungsausweitungen der letzten zehn Jahre einem Evidenz-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitscheck unterziehen
- Arzneimittelstandort Deutschland stärken: Zulassungsverfahren beschleunigen, Regeln der Nutzenbewertung und der Preisverhandlungen prüfen. Bei Therapieerfolg besonders vergüten
- Corona-Maßnahmen kritisch aufarbeiten
- Pflegekräfte im In- und Ausland anwerben, Anerkennungsverfahren vereinfachen
- Pflegeversicherung durch eine kapitalgedeckte Komponente stabilisieren
Alternative für Deutschland – AfD
- Vollständige Abschaffung von Fallpauschalen. Zurück zu individuellen Budgetvereinbarungen
- gestaffelte Bonus- bzw. Rückvergütungssysteme, um Bagatellbehandlungen einzudämmen
- Fokussierung und Vorrang von Personal mit deutscher Staatsangehörigkeit
- Ablehnung von Pflegekammern, Finanzierung des notwendigen „Personalaufwuchses“
- Entlastung des Gesundheitssystems durch Subventions-Aus für erneuerbare Energien
- Weitestgehende Einschränkung von Schwangerschaftsabbrüchen. Pubertätsblocker und nicht medizinisch indizierte Eingriffe zur Änderung des Geschlechts verbieten
- Nachbesserung des deutschen Heilpraktikergesetzes
- Ablehnung einer zentralen Datenbank zur Speicherung von Patientendaten
- Austritt aus der WHO, wenn Finanzierung und Pandemievertrag nicht rückgängig gemacht werden
- Gesetze in Zusammenhang mit Corona prüfen und streichen
Die Linke
- Abschaffung der Zusatzbeiträge und eine stärkere Finanzierung des Gesundheitssystems durch Steuermittel
- Krankenhäuser sollen in öffentliche Hand
- Schaffung einer solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung
- Fallpauschalen vollständig abschaffen
- Reform der Bedarfsplanung für vertragspsychotherapeutische Kassensitze
- Befugnisse der Heilberufe (Apotheker, Pflege, Therapeuten, Notfallsanitäter, Hebammen) ausweiten
- Einfluss der Pharmakonzerne zurückdrängen. Öffentliche Kontrolle über Arzneimittelforschung. Preise EU-weit vereinheitlichen
- Werbe- und Sponsoring-Verbot für Tabak, Alkohol, andere Drogen sowie Glücksspielangebote einführen
Bündnis Sahra Wagenknecht – BSW
- staatliche „Infrastruktur-Garantie“ für Gesundheit
- Zusatzbeiträge abschaffen und die Gesundheitsversorgung stärker staatlich finanzieren
- Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege, in die alle Bürger mit ihren Einkommen einzahlen
- Zahnersatz und Sehhilfen vollständig in den Leistungskatalog der gesetzlichen Gesundheitsabsicherung zurückholen
- Krankenhausreform rückgängig machen
- Investoren in Praxen und Kliniken stoppen
- Bessere Vergütung für Hausärzte
- Pflegevollversicherung, die überwiegend mit Steuermitteln finanziert wird
- Medizinstudienplätze schaffen, mehr Pflegepersonal ausbilden und bessere Bezahlung
Quelle: https://www.doccheck.com/de/detail/articles/50195-wahlkampf-2025-das-bieten-die-parteien