Berlin – Orthopädische Praxen werden von der Förderung der Weiterbildung im ambulanten Bereich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht profitieren. Denn finanziert werden sollen nur Facharztgruppen, für die eine optionale ambulante Weiterbildungszeit von mindestens 24 Monaten vorgesehen ist. Im Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie werden aber üblicherweise nur 18 Monate Weiterbildungszeit in einer Praxis anerkannt.
Außerdem müssen die in Frage kommenden Facharztgruppen vor Ort von Unterversorgung bedroht sein, es muss flächendeckende, langfristige Nachbesetzungsprobleme bei den Praxen geben und eine Altersstruktur der Ärzte, die eine Förderung notwendig erscheinen lässt. Darauf hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am 10. Mai bei einer Pressekonferenz hingewiesen.
Flechtenmacher: „Wir brauchen den Einsatz der niedergelassenen Kollegen“
BVOU-Präsident Dr. Johannes Flechtenmacher bedauert, dass eine Hürde von 24 Monaten gesetzt wird. „Auch in Fachgruppen, in denen noch kein Nachwuchsmangel wie im hausärztlichen Bereich herrscht, ist die finanzielle Förderung der ambulanten Weiterbildung nötig“, sagte er. „Denn man braucht den Einsatz der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, um den Nachwuchs im Fach umfassend zu qualifizieren, zum Beispiel im Bereich der konservativen und der Kinderorthopädie.“
KBV-Vorstand Dipl.-Med. Regina Feldmann erläuterte die dreiseitige Vereinbarung zwischen Deutscher Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenverband und KBV; sie befindet sich im Unterschriftenverfahren und soll zum 1. Juli in Kraft treten. Dann sollen jährlich 7.500 Weiterbildungsstellen für angehende Hausärztinnen und Hausärzte und weitere 1.000 für Fachärztinnen und -ärzte anderer Fachgruppen gefördert werden. Sie erhalten 4.800 Euro pro Monat sowie Zuschläge für den Einsatz in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten. Das Gehalt wird paritätisch von Kassen und Kassenärztlicher Vereinigung (KV) finanziert.
Krankenkassen bestimmen bei Fachgruppenwahl mit
An der Entscheidung zur Fachgruppenauswahl müssen die Krankenkassen und die Landesausschüsse beteiligt werden. Dr. med. Bernhard Gibis, Leiter des KBV-Versorgungsbereichs Sicherstellung und Versorgungsstruktur, sagte, diese Auswahl „hätten wir lieber allein gemacht“. Aber man werde sich vor Ort sicher verständigen können. Wenn dies bis 1. Oktober 2016 nicht gelinge, dürften ab dann nur Weiterbildungsassistenten in Pädiatrie, Gynäkologie und Augenheilkunde gefördert werden.
Feldmann betonte, die Förderung weiterer Facharztgruppen außer der Allgemeinmedizin sei „nur ein erster Schritt in die richtige Richtung“. Angesichts der zunehmenden Ambulantisierung der Versorgung sollte die Weiterbildung zukünftig zumindest zur Hälfte im ambulanten Bereich stattfinden.
Gibis sagte, das DRG-System fördere die Erbringung technischer Leistungen. Weil Krankenhäuser sich wirtschaftlich behaupten müssten, orientierten sie sich mit ihrem Angebot entsprechend. Ein großer Anteil der Bevölkerung sei aber konservativ zu behandeln, nur werde dies am Krankenhaus nicht mehr vermittelt. Darauf reagiere nun auch die Politik: „Man hat erkannt, dass Weiterbildung nicht nur im Schatten von Vergütungssystemen stattfinden kann, sondern gezielt gefördert werden muss.“
Sabine Rieser