Berlin – Das Einholen einer Zweitmeinung ist jetzt auch im Rahmen einer Videosprechstunde möglich. Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte die Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren im März zudem um die Indikation der Amputation bei diabetischem Fußsyndrom ergänzt. Für beide Änderungen wurde nunmehr die Vergütung zum 1. Juli im EBM geregelt.
Bislang erfolgte die Zweitmeinung während eines persönlichen Gesprächs vor Ort. Erfolgt die ärztliche Zweitmeinung nunmehr im Rahmen einer Videosprechstunde (Anlage 31b BMV-Ärzte) sind zu den jeweiligen arztgruppenspezifischen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen die Gebührenordnungspositionen 01444 (10 Punkte / 1,11 Euro) und 01450 (40 Punkte / 4,45 Euro) berechnungsfähig. Es gelten die gleichen Abrechnungsbestimmungen, wie sie für die Abrechnung der Videosprechstunde außerhalb des Zweitmeinungsverfahrens vorgesehen sind.
Zweitmeinung für fünf Indikationen
Gesetzlich Versicherte haben vor bestimmten planbaren Eingriffen einen Anspruch auf eine zweite ärztliche Meinung als Kassenleistung. Damit soll die Anzahl bestimmter „mengenanfälliger“ Eingriffe, die nicht immer medizinisch geboten sind, verringert werden.
Mit der Ergänzung der Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren um die Amputation bei diabetischem Fußsyndrom ist eine qualifizierte ärztliche Zweitmeinung bei insgesamt fünf Indikationen möglich: Gebärmutterentfernungen, Mandeloperationen, Schulterarthroskopien, Implantationen von Knieendoprothesen sowie künftig Amputationen beim diabetischen Fuß.
Neue Indikation: Amputation bei diabetischem Fußsyndrom
Das neue Zweitmeinungsverfahren bezieht sich auf planbare Minoramputationen (bis unterhalb des Knöchels) oder Majoramputationen (bis oberhalb des Knöchels) bei Diabetikern.
Diese können sich bei einem qualifizierten Zweitmeiner zur Notwendigkeit einer Amputation oder zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten ohne Amputation beraten lassen. Notfallmäßige Amputationen, zum Beispiel aufgrund einer akut drohenden Sepsis, sind von der Zweitmeinung ausgenommen.
„Zweitmeiner“ benötigen Genehmigung
Um eine Zweitmeinung abrechnen zu können, benötigen Ärzte eine Genehmigung, die sie bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung beantragen. Der Arzt, der die Zweitmeinung abgibt, rechnet für den Patienten seine jeweilige arztgruppenspezifische Grund- oder Konsiliarpauschale ab. Die Vergütung ist für alle Zweitmeinungsverfahren unabhängig vom jeweiligen Eingriff gleich. Sie erfolgt extrabudgetär.
„Erstmeiner“ müssen über mögliche Zweitmeinung aufklären
Nunmehr können auch Fachärzte, die ihren Patienten zu einer Amputation beim diabetischen Fußsyndrom raten, die Gebührenordnungsposition 01645 (75 Punkte / 8,34) für die Aufklärung und Beratung abrechnen. Denn indikationsstellende Ärzte sind verpflichtet, Patienten vor einem solchen Eingriff über die Möglichkeit einer Zweitmeinung aufzuklären und nötige Unterlagen für den Zweitmeiner bereitzustellen.
Gesetzgeber plant weitere Indikationen
Die Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren wird in Zukunft durch weitere Indikationen ergänzt. Der Gesetzgeber misst dem Thema nach wie vor eine sehr hohe Bedeutung bei. Im geplanten Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) soll festgelegt werden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss mindestens zwei weitere Eingriffsthemen pro Jahr beschließen muss. Damit haben künftig noch mehr Vertragsärzte die Möglichkeit, sich aktiv als „Zweitmeiner“ zu beteiligen.
Quelle: KBV